Niemand anderes als Helga Zepp-LaRouche, die Ehefrau von Lyndon LaRouche, kann besser beschreiben, was die Einzigartigkeit dieses außergewöhnlichen Ökonomen und Staatsmanns gewesen ist. Es folgt ein Auszug aus ihrer Rede auf der Internet-Konferenz des Schiller-Instituts zur Feier von LaRouches 100. Geburtstag am 10. September 2022.
Das Geheimnis, warum Lyndon LaRouche der erfolgreichste Prognostiker wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Tendenzen ist und alle seine Kritiker völlig versagt haben, liegt darin, daß er sich im Laufe seines Lebens ein unvergleichliches Wissen über die Ideen angeeignet hat, die im Laufe von Jahrtausenden zu einem qualitativen Fortschritt der Menschheitsgeschichte geführt haben – im Gegensatz zu den Ideen, die das Universum von dem, was Gauß später den komplexen Bereich nannte, auf eine reduktionistische euklidische Auffassung der Dinge und Ereignisse herunterbrechen würden.
Platon beschreibt diesen Unterschied im Höhlengleichnis: Während die reale Welt der Ideen außerhalb der Höhle existiert, nehmen die Menschen, die sich auf ihren biologischen Sinnesapparat verlassen, die Wirklichkeit nur als Schatten wahr, wie an den Wänden einer schwach beleuchteten Höhle. Ein entscheidendes Beispiel für diesen Unterschied sind die Paradoxien in der Geometrie, die keine reduktionistischen Lösungen zulassen, etwa die Konstruktion der fünf platonischen Körper und die Verdoppelung von Gerade, Quadrat und Würfel.
Diese Paradoxien bildeten die Grundlage für das Denken einer ganzen Klasse von Denkern, die im komplexen Bereich und in der platonischen Tradition dachten und Entdeckungen machten: Brunelleschi, Nikolaus von Kues, Pacioli, Leonardo da Vinci, Kepler, Gilbert, Fermat, Huyghens, Leibniz, Bernoulli, Kästner, Gauß, Lazare Carnot, Dirichlet und Riemann – und natürlich Einstein und Wernadskij. Alle Fortschritte in der Geschichte der Menschheit sind aus dieser Tradition hervorgegangen, wie LaRouche in zahlreichen Abhandlungen gezeigt hat.
Dagegen haben die Ideologen der reduktionistischen Tradition absolut nichts zu diesem Fortschritt beigetragen, aber viel dazu, die Einsicht in wirkliches Wissen zu verdunkeln, wie die aristotelische Tradition von Descartes, Newton – man erinnere sich an sein berühmtes „hypotheses non fingo“, man braucht keine Hypothesen.
Dasselbe gilt im wesentlichen für die Ideen in der Kunst, wo es einen fundamentalen, axiomatischen Unterschied gibt zwischen der klassischen Kunst, die auf die Steigerung der schöpferischen Kraft des Publikums abzielt, und jenen Kunstformen, die nur der Banalisierung oder, noch schlimmer, der Verrohung der Sinne dienen – die bevorzugte Methode der Oligarchie zur Kontrolle der Bevölkerung.
Das Konzept der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte
LaRouche hatte ein profundes Wissen über die unterschiedlichen axiomatischen Anschauungen dieser gegensätzlichen Traditionen und lieferte zahlreiche Beweise dafür, daß das physikalische Universum nicht dem Weg der euklidischen Geometrie folgt, wie z. B. den Unterschied zwischen der kürzesten Entfernung und dem eigentlichen Leibnizschen Prinzip der kleinsten Wirkung.
Ähnlich kann die physische Wirtschaft nicht durch mathematische und statistische Methoden angemessen beschrieben werden. LaRouche entwickelte seine gesamte wirtschaftswissenschaftliche Methode ausdrücklich mit einer Polemik gegen die Informationstheorie und die Systemanalyse von Norbert Wiener und John von Neumann. Auch Algorithmen erfassen nicht die reale Wirtschaft, sondern nur Methoden der Riemannschen Raumzeit der Allgemeinen Relativitätstheorie. Nur dieses Denken in Begriffen des komplexen Bereichs kann die Auswirkungen einer unendlichen Reihe von Entdeckungen qualitativ neuer Prinzipien des physikalischen Universums erfassen, die jeweils eine völlig neue wirtschaftliche Plattform definieren, wobei das neu entdeckte Prinzip die relative Produktivität jedes Aspekts der gesamten Wirtschaft neu definiert.
Aus diesem methodischen Ansatz heraus kam LaRouche zu dem einzigartigen Konzept der „relativen potentiellen Bevölkerungsdichte“ und dem damit verbundenen Konzept der „Energieflußdichte“ im Produktionsprozeß, die beide aufgrund der relativen Endlichkeit der Ressourcen auf jeder Entwicklungsstufe ständig pro Kopf und pro Quadratkilometer zunehmen müssen. Auf jeder Entwicklungsstufe steigen die Kosten für die Erschließung der Ressourcen tendenziell an und senken somit die Arbeitsproduktivität. Mit der Stagnation des technologischen Niveaus steigen der Aufwand und die Kosten, um die gleiche Anzahl von Menschen zu erhalten, und die relative potentielle Bevölkerungsdichte nimmt ab.
Aber die Schlußfolgerung aus dieser Tatsache ist, wie LaRouche feststellt, genau das Gegenteil von dem, was der bösartige Club of Rome in seinem oligarchischen Propagandapamphlet Die Grenzen des Wachstums behauptet, nämlich daß man von nun an Nullwachstum und sogar Negativwachstum bräuchte.
LaRouche schrieb dagegen sein Buch Es gibt keine Grenzen des Wachstums, eines seiner wichtigsten Bücher, und zeigte darin, daß ein ständiger wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt notwendig ist und daß durch den ständigen Einsatz menschlicher Kreativität höhere Grade der Anti-Entropie erreicht werden. Das entspricht den Gesetzen des realen physikalischen Universums und ist somit die Voraussetzung für das dauerhafte Überleben der Menschheit.
So hat beispielsweise China, als es seinen Irrtum über die begrenzten Ressourcen des Planeten erkannte, seine Ein-Kind-Politik aufgegeben, weil es sich bewußt wurde, daß jedes zusätzliche Kind das Potential neuer kreativer Entdeckungen einbringen würde, und es betont seither die ständige Notwendigkeit von Innovationen in der Wirtschaft. Auf diese Weise vollbrachte die chinesische Wirtschaft ein Wunder, das keine Konjunkturzyklen kannte, weil die kontinuierliche Steigerung der Produktivität die Gründe dafür beseitigte.
Der Aufstieg Chinas ist also das Ergebnis einer korrekten Wirtschaftspolitik, die LaRouches Theorie widerspiegelt, und die Vereinigten Staaten und Europa brechen zusammen, weil sie Malthus statt LaRouche bevorzugen. Die Krise im Westen ist völlig selbstverschuldet und nicht das Ergebnis einer „bösen“ Politik Rußlands oder Chinas.
Die BRICS-Staaten, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die am 15. und 16. September ihren großen Gipfel in der alten Seidenstraßenstadt Samarkand in Usbekistan abhält, viele Organisationen des globalen Südens, die an einer neuen Weltwirtschaftsordnung arbeiten und die Tradition der Blockfreien-Bewegung wiederbeleben, sie alle wollen den Kolonialismus beenden und Armut und Unterentwicklung überwinden. Und die Belt and Road Initiative, die Globale Entwicklungsinitiative und die Globale Sicherheitsinitiative, die China vorschlägt, sind allesamt Konzepte zur Überwindung der geopolitischen Konfrontation und zur Schaffung einer Plattform für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit.
Anstatt zu versuchen, diese Entwicklungen einzudämmen, sollten die Vereinigten Staaten und Europa die Gründe überdenken, warum wir uns in diesem Schlamassel befinden, und wir sollten uns mit diesen Ländern auf ein neues Paradigma der internationalen Beziehungen einigen, das auf den fünf Grundsätzen der friedlichen Koexistenz und der UN-Charta beruht. Wir stehen nicht nur vor einem heißen Herbst und Winter, sondern höchstwahrscheinlich vor dem Zusammenbruch des gesamten Systems. Deshalb hat das Schiller-Institut die Notwendigkeit eines neuen Paradigmas, einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, auf die Tagesordnung gebracht.
Mit Friedrich Schiller können wir also sagen: „Der Mensch ist größer als sein Schicksal“, vorausgesetzt, wir folgen dem Rat von López Portillo und „hören auf die weisen Worte von Lyndon LaRouche“.