Neben der Bannung der Weltkriegsgefahr und der Bekämpfung von Armut und Hunger ist der Schutz vor einem möglichen verheerenden Einschlag eines fremden Himmelskörpers auf der Erde eines der wichtigsten Probleme der heutigen Menschheit. Das ist keineswegs Science-fiction, denn im Weltraum schwirren unzählige gefährliche Gesteinsbrocken, Asteroiden genannt, aus der Entstehungszeit unseres Planetensystems herum.
Einschläge von Asteroiden auf unserem Planeten sind ein regelmäßiges Ereignis, und immer wieder kommen diese Geschosse der Erde bedrohlich nahe. Einschläge dieser Art haben früher oft jahrzehntelange Kälte und Dunkelheit mit sich gebracht und zu Massenaussterben von manchmal bis zu 95 Prozent aller Lebewesen zu Wasser und zu Lande geführt. Die Forschung ist sich heute sicher, daß der Weg unseres Sonnensystems durch die Milchstraße der Grund dafür ist, daß die Erde regelmäßig sehr dichte Asteroidenhaufen und ungeschützt strahlenintensive Bereiche durchquert. Gerade jetzt nähern wir uns wieder solch einer gefährlichen Zone.
Nach Schätzungen der US-Raumfahrtagentur NASA gibt es etwa 11,5 Millionen erdnahe Asteroiden mit einem Durchmesser von weniger als 30 Metern und etwa 600.000 mit einem Durchmesser zwischen 30 und 100 Metern. Mehr als 20.000 sind sogenannte Near Earth Objects (NEO), die während ihres Umlaufs unsere Erdumlaufbahn kreuzen. Forscher der Fakultät für Himmelsmechanik der Staatsuniversität St. Petersburg berichteten, daß die Bahn des 370 Meter breiten Asteroiden Apophis in den Jahren 2029, 2036 und 2068 nahe an der Erde vorbeiführen wird, und das 2029 sogar im Abstand von nur einem Zehntel des Abstandes zwischen Erde und Mond.
Was solche Brocken anrichten können, zeigen zwei drastische Ereignisse: Am 30. Juni 1908 fegte die Druckwelle einer Asteroidenexplosion Millionen von Bäumen in Tunguska in Sibirien auf einer Fläche fast so groß wie das Saarland um. Man schätzt, daß diese Explosion in der Atmosphäre in einer Höhe von 8 bis 12 Kilometern stattfand und sich über eine Fläche von 50 Kilometern Umfang erstreckte. Sie setzte Energien von unglaublichen 15 bis 20 Megatonnen TNT frei. Nur zum Vergleich: Die Bombe aus hochangereichertem Uran, die am 6. August 1945 über Hiroshima gezündet wurde, besaß eine Sprengkraft von 15.000 Tonnen TNT. Zum Gedenken an Tunguska wurde der 30. Juni zum Internationalen Asteroidentag erklärt.
Aber spätestens seit 1994, als Laienastronomen den riesigen Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf dem Jupiter dokumentierten und ihre beeindruckenden Aufnahmen „live“ zeigten, welche Auswirkungen ein solches Ereignis auf der Erde haben könnte, sah sich der amerikanische Kongreß zum Handeln veranlaßt. Die NASA erhielt den Auftrag, alle NEOs, die der Erde gefährlich werden könnten, zu katalogisieren sowie einer intensiven Beobachtung durch Teleskope und Radarinstrumente zu unterziehen.
Als dann im Februar 2013 über der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk ein etwa 20 Meter großer Asteroid bei einer Geschwindigkeit von 66.000 Kilometern pro Stunde explodierte und diese Druckwelle mehr als 1500 Menschen durch herumfliegende Glasscherben und andere Trümmer verletzte sowie Tausende Gebäude beschädigte, war das ein weiterer Anstoß für die Asteroidenforschung, um unseren Planeten vor großem Schaden zu bewahren. Denn der Einschlag im Ural kam ohne Vorwarnung; der Meteorit wurde erst gesichtet, als er bereits in die Erdatmosphäre eingetreten war. Und seine Explosionsenergie entsprach immerhin etwa 600 Kilotonnen TNT.
Führende Wissenschaftler erklärten, daß der Schutz der Erde vor Asteroiden und Kometen eine gemeinsame Aufgabe für die ganze Menschheit sein müsse, denn Gefahren aus dem Umfeld unseres Planeten seien viel häufiger, als den meisten Menschen bewußt ist. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der damaligen russischen Regierung, Alexej Puschkow, forderte:
„Statt sich auf der Erde gegenseitig zu bekämpfen, sollten die Menschen ein europäisches Weltraum-Verteidigungssystem aufbauen. Die Vereinigten Staaten sollten sich uns und China anschließen, um das ADS – das Asteroiden-Abwehrsystem – zu schaffen.“
Auch die ESA wurde im Rahmen ihres Space Situational Awareness Programms, einem Programm zur umfassenden Weltraumlageerfassung, aktiv. Dabei geht es vor allem um die Datengewinnung von unbekannten NEOs, um deren Flugbahnen und Beschaffenheit zu erkunden und damit Vorhersagen über mögliche Einschläge und die Folgen machen zu können.
Ganz im Mittelpunkt muß daher eine weltweite Koordination von ständiger Beobachtung, Charakterisierung und Systematisierung von Asteroiden oder anderen uns nahe kommenden Körpern sein, wobei vor allem auch Geschosse von 10 bis 100 Metern Durchmesser erkannt werden müßten, die schwer auszumachen sind – wie der Brocken von Tscheljabinsk. Meteoriten dieser Größe treffen die Erde sehr viel häufiger als die riesigen, wirklich zivilisationsgefährdenden Asteroiden.
Die Gründe für frühere Massenextinktionen
Bisher dachte man, unser Sonnensystem würde etwa kreisförmig innerhalb von 200 bis 250 Millionen Jahre um den Kern der Milchstraße rotieren. Jetzt gibt es neue Untersuchungen, die zeigen, daß wir uns in Wirklichkeit in einer gefährlichen Odyssee vom Inneren der Milchstraße in ihre Außenarme bewegen. Der Astronom Rok Roskar von der Universität Zürich hat Simulationsrechnungen angestellt, die zeigen, daß unsere Sonne viel näher am galaktischen Zentrum entstand – nur ungefähr 10.000 Lichtjahre entfernt. Heute befindet sich unser Sonnensystem schon ca. 27.000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt. Außerdem konnte gezeigt werden, daß es auf seinem Weg eine Oszillationsbewegung vollführt, so daß wir in einem Intervall von ca. 60 Millionen Jahren immer wieder an den oberen und unteren Rand der nur etwa 3000 Lichtjahre dicken Scheibe gelangen. Roskar stellt dafür einen ganz weltlichen Vergleich an:
„Es ist wie bei Surfern auf dem Ozean: Wenn sie zu schnell oder zu langsam paddeln, kommen sie nirgendwo hin… Sie müssen die Geschwindigkeit der Welle genau erwischen, dann können sie darauf reiten.“
Auf diesem Weg geriet das Sonnensystem oft entweder in den „Strahlenschauer“ eines sterbenden Sterns oder es passierte regelmäßig Regionen großer Materiedichte, worin ein „Treffer“ sehr viel wahrscheinlicher ist. Das hatte für das Leben auf der Erde immer katastrophale Folgen. Einerseits zerstörte die harte Röntgenstrahlung von sehr nahen Supernovae oft die schützende Ozonschicht in der Stratosphäre, wodurch die UV-Strahlung der Sonne ungehindert zur Erdoberfläche durchdringen konnte. Dazu kamen energiereiche Protonen, die als kosmische Strahlung die Erde erreichten und alle Lebewesen am Boden und in den Meeren schädigten oder töteten. Eine deutsche Forschergruppe fand vor zehn Jahren in Sedimenten des Südpazifiks Spuren des radioaktiven Isotops Eisen-60, was die Hypothese einer Explosion von Supernovae stützt. Es zerfällt mit einer Halbwertszeit von 2,6 Millionen Jahren. Auf der Erde ist es nur in Spuren vorhanden, doch bei Supernova-Explosionen entsteht es in großen Mengen.
Bisher konnte man sich auch die Regelmäßigkeit des Massenaussterbens nicht erklären; man spekulierte, es hänge mit der Bewegung des Sonnensystems in der Scheibe der Milchstraße zusammen. Doch das erschien nicht plausibel. Über 200 bis 250 Millionen Jahren braucht die Erde, um eine Runde in der Galaxie zu drehen, nicht 60 Millionen Jahre, der Zeit zwischen den Massenaussterben. Neben Roskar präsentierte auch Mikhail Medvedev von der University of Kansas auf dem Jahrestreffen der amerikanischen Physiker in Florida eine Theorie, die den Zyklus erklären soll. Es sind kosmische Strahlen, die das Artensterben verursachen:
„Die Erde bewegt sich in der Ebene der Galaxie immer auf und ab. Steigt sie nach oben, wird der Abstand zum Rand der Galaxie immer kleiner. Dann erreichen mehr kosmische Strahlen die Erde. Dieses Auf und Ab des Sonnensystems dauert 62 plus/minus drei Millionen Jahre.“
Innerhalb der Milchstraße ist die Erde durch das Magnetfeld der Galaxie vor gefährlichen kosmischen Strahlen geschützt. Bewegt sich der Planet aber zum nördlichen Rand der Galaxie, wird das magnetische Schutzschild dünner.
Doch das ist noch nicht alles: eine weitere enorme Gefahr droht bei den Durchgängen des Sonnensystems durch die galaktische Ebene: die Materiedichte ist dort am höchsten, und viele Asteroiden können aus ihrer Bahn geraten und in Richtung unserer Planeten gesendet werden, was bekanntermaßen regelmäßig katastrophale Folgen hatte. Auch die Oberfläche unseres Mondes ist ein Zeugnis für regelmäßige Einschläge, ebenso der große Einschlag auf Jupiter, der 1994 von der Erde aus beobachtet wurde.
Die Astrobiologen William Napier und Janaki Wickramasinghe von der Universität Cardiff errechneten, daß sich unser Planetensystem allmählich wieder der Gefahrenzone nähert, so daß sich das Risiko für die Erde verzehnfache, von einem Kometen oder Asteroiden von der Größe getroffen zu werden, wie er auch die Dinosaurier auslöschte. Die Forscher betonen:
„Eine Verzehnfachung eines sehr geringen Risikos mag als nicht viel klingen. Doch wenn es um die Auslöschung vieler Arten oder gar der Menschheit geht, wirkt die Zahl schon imposanter.“
Wilde Erdgeschichte
In den 4,6 Milliarden Jahren Erdgeschichte ist es häufiger zu verheerenden Einschlägen gekommen. Es sind mittlerweile ungefähr ein halbes Dutzend Massenaussterben in der Geschichte der Erde bekannt, die sich mit Meteoriten- oder Asteroideneinschlägen in Verbindung bringen lassen.
Bei dem ersten bekannten großen Einschlag gab es nur einige Bakterienarten auf der Erde. Er ereignete sich vor ca. 3,47 Milliarden Jahren, was Geologen an Ablagerungen z. B. von Chrom und Iridium teilweise außerirdischen Ursprungs in südafrikanischem und australischem Gestein nachweisen konnten. Außerdem läßt sich das an sog. „Sphärulen“ feststellen, das sind geschmolzene Gesteinstropfen, die beim Aufschlagen eines Meteoriten in die Atmosphäre aufsteigen und danach wieder auf die Erde regnen. Forscher gehen davon aus, daß dieser gigantische Einschlag eines 20 Kilometer Durchmesser großen Himmelskörpers vor 3,47 Milliarden Jahren unsere Erdoberfläche in ihre heutigen tektonischen Platten zerlegte. Die Durchschnittstemperatur der damaligen Erde wird auf 85 Grad Celsius geschätzt.
Der nächste nachweisbare vernichtende Meteoriteneinschlag ereignete sich Schätzungen zufolge vor etwa 380 Millionen Jahren. Er löste ein Massensterben der damaligen schon existierenden Lebewesen aus, die vor allem aus Meereslebewesen bestanden (siehe Abbildung 1).
Den Hinweis auf einen weiteren gravierenden Meteoriteneinschlag fanden Geologen erst 2001, und zwar in Form außerirdischer Gase in 250 Millionen Jahre altem Gestein in China und Japan. Weitere Untersuchungen ergaben, daß zu jener Zeit etwa 90 Prozent aller Meeresarten und 70 Prozent aller Wirbeltiere auf dem Land ausgelöscht worden sind. Der Einschlag war für die verheerendste Katastrophe in der Geschichte dieser Erde verantwortlich. Ein riesiger Gesteinsbrocken aus dem Weltall mit einem geschätzten Durchmesser von fünf bis elf Kilometern war für dieses große Sterben verantwortlich, das innerhalb kürzester Zeit vor sich gegangen sein muß.
Das plötzliche Massenaussterben läßt sich durch Fossilien und Untersuchungen der entsprechenden Erdschichten – etwa mit Bohrkern-Studien – sehr genau datieren. Es markiert die Grenze zwischen den Erdzeitaltern Kreidezeit und Paläogen (früher als „Tertiär“ bezeichnet), die sogenannte K/P-Grenze (früher: K/T-Grenze) und dem Beginn der Erdneuzeit. Gemeint ist damit aber nicht ein nur kurz andauernder Moment, sondern eine komplette Periode des Übergangs, in der vermutlich eine ganze Abfolge von Ereignissen und Umweltfolgen die Lebensbedingungen auf der Erde und damit auch die Artenvielfalt grundlegend veränderte.
Während des Perm-Zeitalters nach diesem Einschlag, der für jahrzehntelange Kälte und Dunkelheit gesorgt haben muß, wurden nach einer Erwärmung der Erde Land und Wasser wieder reich bevölkert. Es gab Reptilien, Vorfahren der Dinosaurier, und in den Meeren lebten Haie und Trilobiten. Darüber hinaus existierte eine üppige Vegetation. Ihr Aussterben bedeutete das Ende des Zeitalters und den Beginn des Trias, mit dem die Dinosaurier aufkamen.
Aber auch die Dinosaurier fanden ihr Ende durch den Einschlag eines Asteroiden. Mit 14 Kilometern Durchmesser krachte er im Bereich der heutigen mexikanischen Halbinsel Yucatán in einem so verhängnisvollen Winkel und einer solchen Wucht auf die Erde, daß die oberen zehn Kilometer der Erdkruste pulverisiert, verflüssigt oder verdampft und in die oberen Atmosphärenschichten geschleudert wurden. Die tieferen Erdschichten wurden bis zu zwanzig Kilometer eingedrückt, federten aber anschließend wieder nach oben. Der Asteroid selber verdampfte dabei vollständig. Den dazugehörigen Chicxulub-Einschlagkrater mit einem Durchmesser von etwa 180 Kilometern fand man Anfang der 1990er Jahre; er liegt zur Hälfte unter Wasser.
Als Folge dieses Einschlags breitete sich eine enorme Druckwelle im Erd- und Meeresboden aus und löste vermutlich weltweit starke Erdbeben aus. Für einen Asteroideneinschlag als Auslöser dieser globalen Katastrophe spricht die sogenannte Iridium-Anomalie: In den Erdschichten zum Zeitpunkt des Massensterbens wurde rund um den Globus ein erhöhtes Vorkommen von Iridium und anderen Platin-Metallen entdeckt. Diese Stoffe sind in den oberen Erdschichten ausgesprochen selten, auf Asteroiden dagegen nicht.
Was für 70 Prozent aller damaligen Lebewesen, einschließlich der Dinosaurier verhängnisvoll war, war wahrscheinlich der Beginn für die Ausbreitung der Säugetiere, da z. B. rattenähnliche Tiere den Einschlag überlebt hatten.
Nur wenn wir Menschen eine sichere Asteroidenabwehr entwickeln könnten, wären wir die ersten Lebewesen, die nicht schutz- und hilflos dem nächsten Massenaussterben ausgeliefert wären.
Bessere Zusammenarbeit zur Verteidigung der Erde
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion führten Rußland und die USA ernsthafte Vorgespräche darüber, bei der Abwehr der sehr realen Bedrohung durch Asteroideneinschläge zusammenzuarbeiten. Die wichtigste Konsultation war eine Konferenz 1993 in Erice in Italien mit dem Thema „Planetarer Notstand: Die Kollision eines Asteroiden oder Kometen mit der Erde“. Sie war eine Fortsetzung der regelmäßigen Erice-Konferenzen der 1980er Jahre unter der Leitung des Präsidenten der World Federation of Scientists, Antonio Zichichi, und mit Beteiligung führender Kernphysiker wie Edward Teller und Jewgenij Welichow, die über die Bedrohung durch einen Atomkrieg und Möglichkeiten einer SDI-artigen Raketenabwehr sprachen.
Aber erst nach dem Ereignis von Tscheljabinsk 2013 über dem Ural wurden Möglichkeiten einer zukünftigen globalen Asteroidenabwehr in Betracht gezogen. Die Russische Föderation kündigte an, bis Ende 2013 ein Forschungsprojekt für eine mögliche Asteroidenabwehr in die Wege zu leiten. Und im Jahre 2014 wurde am ESOC (European Space Operations Center) eine internationale Expertengruppe gegründet mit dem Auftrag, Strategien gegen die potentielle Bedrohung durch gefährliche Asteroiden zu entwickeln. Dazu trafen sich am Darmstädter Raumfahrtkontrollzentrum der ESA Experten von 13 Raumfahrtagenturen aus Ländern quer über den Globus. Es wurden zwei wichtige Einrichtungen gegründet: das International Asteroid Warning Network (IAWN) und die Space Mission Planning Advisory Group (SMPAG) mit 26 Mitgliedsländern, inklusive China, Japan, Korea, Mexiko, USA, Rußland und Ukraine [Stand 10. Februar 2022].
In diesem Netzwerk arbeiten Experten zusammen, die sich mit der Entdeckung und Verfolgung von NEOs befassen, deren Orbits berechnen und die Gefahren und Auswirkungen von Einschlägen abschätzen; IAWN kooperiert außerdem mit den zuständigen Behörden für den Katastrophenschutz.
Erste Schritte sind also getan. NEOShield-Koordinator Alan Harris vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ebenfalls Teilnehmer beim Darmstädter Meeting, richtet seinen Blick weit nach vorn:
„Wenn man 500 Jahre in die Zukunft reisen könnte und dann zurückschaut, so würde man den Stellenwert der Gründung von SMPAG leicht erkennen. Was hier gestartet wurde, hat das Potential, Millionen von Leben zu retten… Das Problem hier ist, es geht um mehr als einen Menschen, es geht um unsere Zivilisation. In den letzten paar hundert Jahren ist die Erde sehr viel dichter besiedelt worden, wir haben eine wahnsinnig komplizierte, vernetzte Infrastruktur mit Internet und allem, was dazu gehört, und wenn irgend ein Teil dieser Infrastruktur kaputt geht, haben ganze Zweige von Menschenleben große Probleme, die wirklich zu einer Unterbrechung in den normalen Funktionen unserer Gesellschaft führen könnten.“
Im September 2022 führten ESA, NASA und andere Organisationen eine gemeinsame Asteroiden-Abwehrmission mit der Bezeichnung AIDA – Asteriod Impact Deflection Assessment – durch. Das Ziel war der rund elf Millionen Kilometer von der Erde entfernte Doppelasteroid Didymos, der aus dem ca. 750 Meter großen Chondriten Didymos und seinem ca. 160 Meter kleinen Begleiter Dimorphos besteht. Der kleine Mond umkreist Didymos in zwölf Stunden in 1,1 Kilometern Höhe.
Die am 24. November 2021 gestartete NASA-Sonde DART schlug dann am 26. September 2022 („Doppelasteroiden-Umleitungstest“) auf Dimorphos ein. Anschließend wurde überprüft, wie stark sich dadurch die Umlaufbahn von Dimorphos um seinen Mutterasteroiden verändert hatte. Am 11. Oktober 2022 gab die NASA bekannt, daß man mit dem Manöver die Umlaufzeit von Dimorphos von 11 Stunden 55 Minuten um 32 Minuten auf 11 Stunden 23 Minuten verkürzt, also den kleineren Asteroiden näher an Didymos herangebracht hatte. Außerdem war bei dem Einschlag eine große Menge Geröll ausgeworfen worden, das einen kometenartigen, etwa 10.000 Kilometer langen Schweif bildete. Der Moment des Aufpralls wurde von einem in Italien hergestellten kleinen CubeSat namens LICIACube aufgezeichnet.
Auch die chinesische Weltraumbehörde CNSA arbeitet an einem Verteidigungsplan für die Erde und will technische Studien sowie Forschungen durchführen, um Bedrohungen erdnaher Asteroiden entgegenwirken zu können, erklärte Yanhua Wu, stellvertretender CNSA-Leiter, im chinesischen Staatsfernsehen. Erste Testmissionen zur Ablenkung eines Asteroiden sind für 2025 oder 2026 vorgesehen. Dabei sollen Nahaufnahmen von einem ausgewählten, potentiell gefährlichen Objekt, dem Asteroiden Kamoʻoalewa, gemacht werden, wonach die Sonde auf dem Ziel einschlagen soll, um dessen Kurs ähnlich wie bei der AIDA- und DART-Mission von NASA und ESA zu ändern. Außerdem soll ein Frühwarnsystem eingerichtet und Software entwickelt werden, um Maßnahmen gegen möglicherweise bedrohliche Asteroiden zu simulieren sowie grundlegende Verfahren zu testen und zu verifizieren.
Darüber hinaus arbeitet China an Plänen für ein Verteidigungssystem gegen erdnahe Objekte. Die Ressourcen zur Beobachtung, Katalogisierung und Früherkennung solcher erdnaher Objekte sowie Reaktionen darauf sollen in den nächsten Jahren bis 2025 weiter ausgebaut werden.
Neben den chinesischen Plänen und der DART-Misson der NASA hat auch die europäische Weltraumagentur ESA ein Asteroiden-Programm. 2020 wurde ein nach der griechischen Göttin „Hera“ benanntes Asteroiden-Abwehr-Projekt ins Leben gerufen. Dabei soll untersucht werden, wie sich der Aufprall der NASA-Sonde auf dem Asteroiden ausgewirkt hat. Die Hera-Mission der ESA soll 2027 beim Asteroiden eintreffen und das System genauer nach Aufbau, Maßen und Zusammensetzung sowie auf die Auswirkungen des Einschlags von DART untersuchen. Die Mission wird wertvolle Daten zur Stabilität von Asteroiden liefern.
Der Krieg in Europa ist jedoch ein furchtbares Beispiel dafür, wie schnell die internationale Kooperation in wichtigen Bereichen sabotiert werden kann, wie schnell auch Wissenschaftsorganisationen in den feindseligen Rausch zwischen den Nationen hineingezogen werden. Trotz oder gerade wegen der jetzigen Kriegsszenarien, die das internationale Klima immer mehr verhärtet, muß gerade jetzt der entscheidende Schritt gemacht werden, der uns vor einer möglichen Zerstörung des Planeten bewahren kann: alle Weltraumorganisationen müssen sich wie in der 2014 gegründeten SMPAG (Space Mission Planning Advisory Group) zusammenzuschließen und ihre Projekte zu koordinieren. Wir müssen endlich größer denken und uns den wirklich wichtigen Herausforderungen stellen.
Knapp vorbei – Objekte, die nahe an der Erde vorbei rasten
In den letzten Jahren wurden bereits viele Fast-Einschläge von Himmelsobjekten auf der Erde dokumentiert. Wenn auch keine unmittelbare Gefahr drohte, zeigt die folgende Übersicht einer Auswahl von Objekten, die sich der Erde weit näherten oder nähern werden, doch eindrücklich, wie brenzlig es für uns werden kann:
- Das Objekt mit der bisher größten Annäherung heißt FU162. Am 31. März 2004 passierte es die Erde mit nur 6500 Kilometern Abstand. Mit geschätzten sechs Metern Durchmesser stellte es jedoch keine große Gefahr für die Erde dar.
- Am 18. März 2004 passierte der Asteroid 2004 FH, ein Gesteinsbrocken mit etwa 30 Metern Durchmesser, die Erde über dem südlichen Atlantik in einem Abstand von nur 43.000 Kilometern.
- Am 2. März und am 18. März 2009 passierten die Asteroiden 2009 DD45 (21–47 Meter Durchmesser) bzw. 2009 FH (13–29 Meter Durchmesser) die Erde in einem Abstand von nur 70.000 bzw. 80.000 Kilometern. Beide Asteroiden wurden erst einen Tag zuvor entdeckt.
- Am 12. Oktober 2010 erreichte 2010 TD54 (5–10 Meter Durchmesser) mit circa 45.000 Kilometern seine größte Annäherung zur Erde.
- Und am 13. April 2029 wird der 270 Meter große Apophis die Erde in einer Entfernung von circa. 30.000 Kilometern passieren.
Auch tatsächliche Treffer hat sich die Erde in den letzten Jahren eingefangen, die glücklicherweise keine Schäden anrichteten. Ein gut dokumentierter Einschlag fand am 15. September 2007 in Peru in der Nähe des Dorfes Carancas, nur 70 Kilometer von der Hauptstadt La Paz statt. Ein Meteorit drang in die Erdatmosphäre ein und führte zu einem Meteoritenfall, der einen 14 Meter großen Krater hinterließ. Weitere Meteoritenbruchstücke wurden in der Umgebung gefunden.
Und am 6. Oktober 2008 wurde der Asteroid 2008 TC3 lediglich 20 Stunden vor seinem Zusammenprall mit der Erde entdeckt. Zum Glück war er mit 4 Metern Durchmessern und einer Masse von etwa 80 Tonnen sehr klein. Erst im Dezember 2008 konnten Fragmente von ihm im Sudan gefunden werden.