Der Umfang des chinesischen Schnellbahnnetzes ist wahrhaft erstaunlich. Mit Stand Anfang 2018 hat China im Inland 22.000 km Schnellbahnstrecken gebaut, fast doppelt soviel wie der Rest der Welt zusammen.
Mittlerweile hat sich herumgesprochen, daß China das modernste und längste Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetz der Welt hat. Anfangs erhielten die Chinesen dafür Technik und Unterstützung aus dem Ausland – von Siemens aus Deutschland, Alstom aus Frankreich, Bombardier aus Kanada und Kawasaki aus Japan –, heute jedoch produzieren sie eigene Züge höchster Qualität. Weniger bekannt sind Chinas vielfältige eigenständige Erfindungen in der Eisenbahntechnik, dank derer es in dem Bereich zur Weltspitze aufgestiegen und heute bei weitem der größte und schnellste Produzent von Hochgeschwindigkeitsbahnen weltweit ist. Dazu gehören Produktionstechnik, Testanlagen, Bautechnik, Maschinen und vieles mehr.
Der Umfang des chinesischen Schnellbahnnetzes ist wahrhaft erstaunlich. Mit Stand Anfang 2018 hat China im Inland 22.000 km Schnellbahnstrecken gebaut, fast doppelt soviel wie der Rest der Welt zusammen. Dagegen gibt es in den Vereinigten Staaten keinen einzigen Kilometer Hochgeschwindigkeitsbahn für Geschwindigkeiten über 250 km/h. Zur Zeit bauen die Chinesen 2000 km neue Schnellbahnstrecken pro Jahr.
Der schnellste Personenzug der Welt, der auch die meisten Passagiere befördert, ist der von Beijing nach Shanghai. Er befördert etwa 6 Mio. Personen jährlich bei Tempo 350 km/h. Die längste Hochgeschwindigkeitsstrecke der Welt wird 2018 fertig sein und führt über 2230 km von Beijing nach Guangzhou und Hongkong.
Nach einem schweren Unfall 2011 in Wenzhou in der Provinz Zhejiang mit 40 Todesopfern wurde die Geschwindigkeit auf der Strecke Beijing-Shanghai auf 300 km/h begrenzt und das gesamte landesweite Streckennetz einer gründlichen Prüfung und Modernisierung unterzogen. Im Juni 2017 wurden die Züge der Beijing-Shanghai-Linie durch neue ersetzt. Die ganz neu im Inland entwickelten Züge des Typs Fuxing („Verjüngung“) lösten die älteren Hexie-Züge („Harmonie“) ab, die seit 2008 verkehrt hatten. Anfang 2018 wurde dann das Tempo wieder auf 350 km/h erhöht, und es könnte später auf 400 km/h steigen, womit man für die 1318 km lange Fahrt nur etwas über drei Stunden benötigte. Noch in den 90er Jahren lag das Durchschnittstempo der Eisenbahnen in China bei weniger als 60 km/h.
2014 eröffnete eine Schnellbahnlinie von Lanzhou in der Provinz Gansu nach Urumqi in der äußerst westlichen Autonomen Uigurischen Provinz Xinjiang, die die Fahrzeit von 21 auf acht Stunden verkürzte. In Verbindung mit dem Wirtschaftsgürtel der Neuen Seidenstraße, der China durch Zentralasien mit Europa und Südwestasien verbindet, beflügelt diese moderne Eisenbahn die wirtschaftliche Entwicklung der riesigen, spärlich besiedelten westlichsten Regionen Chinas – ganz ähnlich, wie die neue Bahnverbindung ab 2006 die wirtschaftliche Entwicklung Tibets vorangetrieben hat.
Die Strecke nach Urumqi verläuft durch Gebiete mit unterschiedlichster extremer Witterung, von glühender Hitze in der Wüste bis zu schneebedeckten Bergen – ein Unterschied von 80 Grad Celsius, der die Entwicklung ganz neuer Materialien und Maschinen erforderlich machte. Sie verläuft auch durch die „Hundert Li Wind-Zone“ in Shanshan, einen Abschnitt der Taklamakan-Wüste in Xinjiang, wo fast jeden Tag scharfe Wüstenwinde wehen. 2007 ist deswegen sogar ein Zug entgleist. Danach wurde in den Wüsten Taklamakan und Gobi eine 462 km lange Windschutzmauer beiderseits der Strecke gebaut.
Die Hochgeschwindigkeitsstrecken machen zwar nur ein Sechstel der Gesamtlänge des chinesischen Bahnnetzes aus, befördern aber heute schon 60 % der Passagiere. Der ursprüngliche Plan, genannt „4 + 4“ für jeweils vier Hauptstrecken in Nord-Süd- sowie Ost-West-Richtung, ist Anfang 2018 im wesentlichen erfüllt. Jetzt wird an einem weiteren Plan, „8 + 8“, gearbeitet.
Die Finanzierung
Nur wenige der Schnellbahnstrecken arbeiten mit Gewinn. Das wird sich mit der Zeit ändern, ist aber nicht die Priorität des Staates. Man erachtet es für weitaus wichtiger, die Fahrpreise im Interesse der Bevölkerung niedrig zu halten. Während des Frühlingsfestes, einer 40tägigen Ferienperiode, während der Millionen Chinesen in ihre Heimatorte besuchen, waren jetzt 385 Millionen Menschen in China auf der Reise, davon viele mit den Schnellbahnen.
Aber die Schnellbahnen verleihen auch der Produktivität der chinesischen Arbeitskräfte durch deren höhere Mobilität einen großen Schub, was den mangelnden kurzfristigen Gewinn der Bahn, die komplett staatlich ist, mehr als ausgleicht.
Die berühmte Magnetbahn in Shanghai von der Stadtmitte zum Flughafen Pudong, ein deutscher Transrapid – bisher die einzige kommerzielle Magnetbahnlinie der Welt –, wurde nicht zu einem Netz zur Verbindung der Großstädte ausgeweitet, was man früher einmal in Erwägung gezogen hatte. Dafür verwenden die Chinesen jetzt Magnetbahnen mit niedrigeren Geschwindigkeiten, die im Land neu entwickelt wurden, für den städtischen Nahverkehr.
Innovation auf allen Bereichen
Auf Videofilmen im Internet kann man die verschiedenen Innovationen bewundern, die China zur Weltspitze bei Hochgeschwindigkeitsbahnen gemacht haben.
Den Planern wurde schnell klar, daß man, um die vielen Flüsse und Kanäle zu überqueren und die Städte zu durchfahren – besonders die dichtbesiedelten an der Ostküste –, häufig fast die gesamte Strecke auf Pfeilern statt auf dem Boden führen mußte. Dazu wurde eigens eine neue Maschine konstruiert, um die Brückenteile auf die Pfeiler der Viadukte zu plazieren, was die Bauzeit enorm verkürzt.
Die Strecke Beijing-Shanghai führt über die längste Brücke der Welt, die Große Danyang-Kunshan-Brücke über Wasser und Land. Der 165 km lange Viadukt wurde mit den neuen Maschinen erbaut, davon ein 9 km langer Abschnitt in der malerischen Stadt Sozhou in der Provinz Jiangsu.
Bei Schnellbahnen muß die Reibung auf den Gleisen viel geringer sein als bei herkömmlichen Eisenbahnen, weil das Tempo die Auswirkungen von Unebenheiten vervielfacht. Um praktisch fugenlose Gleise zu schaffen, wurden auf das ganze Land verteilt zwölf große Schweißanlagen eingerichtet, die 100 m lange Gleisabschnitte liefern (achtmal länger als herkömmliche), und jeweils fünf davon werden in automatisierten Schweißanlagen nahezu völlig nahtlos aneinandergefügt. Diese 500 m langen Gleisabschnitte werden dann von 36 synchronisierten Kränen auf Spezialzüge geladen und für das endgültige Verschweißen zu den Baustellen gefahren.
Auch die Testanlagen für verschiedene Aspekte der Schnellbahnen machten neue Erfindungen erforderlich. Neben Windkanälen für Aerodynamik-Tests konstruierten die Chinesen eine Anlage zur Prüfung der Qualität von Rädern und Gleisen mit einem 10 t schweren Rad mit 3 m Durchmesser, um die Abnutzung der Räder und Gleise bei 500 km/h zu testen. Das chinesische Fernsehen CCTV spricht in seiner Dokumentation stolz von der „modernsten Testausrüstung für Hochgeschwindigkeitszüge auf der Welt“.
Eine andere Anlage besteht ebenfalls aus einem großen Stahlrad, dort prüft man die Qualität verschiedener Metalle für die Stromabnehmer (Pantografen) der Züge bei bis zu 500 km/h.
Und als das größte Geheimnis der Bahninnovationen gilt ein neuartiger „Steriler Raum“ mit höchstens 10 Partikeln Verunreinigung pro m3 Luft. In diesem Räumen werden die komplexen Computerchips hergestellt, die die Züge leiten und alle Züge auf dem Bahnnetz mit den Kontrollzentren verbinden.
Gürtel und Straße
China behält seine Erfolge mit der Hochgeschwindigkeitsbahn nicht für sich. Im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) planen und bauen die Chinesen Schnellbahnlinien, ebenso wie herkömmliche Eisenbahnen, in aller Welt. In Laos, Thailand, Indonesien, Kenia und Äthiopien sind diese schon im Betrieb oder im Bau. Es gibt bereits fortgeschrittene Planungen für Transkontinentale Eisenbahnen in Afrika und Südamerika und für Bahnverbindungen zwischen allen wichtigen Städten dieser beiden Kontinente. Dies beendet das Erbe der europäischen Kolonialpolitik, wo Eisenbahnen nur von den Minen an die Häfen gebaut wurden, um die Rohstoffe abzutransportieren, aber die Länder unterentwickelt und ohne Verbindung untereinander blieben.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Wenn du reich werden willst, baue als erstes eine Straße.“ Das beschreibt gut das Denken und Handeln des neuen Paradigmas: Infrastruktur aufbauen ist die notwendige Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung. In China kann die ganze Welt den Beweis dafür sehen.