Aus der an Bild der Wissenschaft gerichteten Gegendarstellung

Der Artikel „Irrte Einstein?“ (in Bild der Wissenschaft 3/98) enthält sachlich unrichtige Argumente, deren Klarstellung geboten ist. Die LeserInnen mögen sich bitte vergegenwärtigen, wie suggestiv sowohl Bild der Wissenschaft als auch PM-Magazin ihr Material aufbereiten. Wir haben an der Formulierung beider Artikel keinen Anteil und sind daher nicht die „Kronzeugen“, als die man uns hinstellt.

Zur Feststellung der suggestiven Aufmachung im Artikel, um den es hier geht: Was hat die Computersimulation(!) der Schockwellen mit der speziellen Relativitätstheorie zu tun? Weder solche noch andere Simulationen (wie das gekrümmte Brandenburger Tor) beweisen die Theorie; sie sind auch nicht geeignet, über die fundamentalen Fehler der Theorie hinwegzutäuschen. Mit „könnte“ und „würde“ und „virtuellen Flügen“ betreibt man Konjunktiv-Physik, die nur im Kopf stattfindet! Das alte Bild von Einstein werten wir ebenfalls nicht als wissenschaftliches Argument zugunsten der Relativität. Auch ein berühmter Mann darf irren. Oder darf ein „einzigartiges Genie“ das nicht?

Für den Artikel sind wir dennoch dankbar, zumal er unsere Seite stärkt. In der Reihenfolge der Textstellen stellen wir folgendes richtig:

  • Suggestiv ist auch der Gebrauch der Sprache. „Mäkeln“ trifft wirklich nicht den Kern der Sache. Wir distanzieren uns von der üblich gewordenen Mediensprache, welche leider allzuoft dazu beiträgt, die Diskussion vom Pfad der Sachlichkeit abzubringen. Unsere LeserInnen mögen sich überzeugen, daß wir uns in unserem Buch jeder persönlichen Polemik enthalten und weder von „Schwindlern“ noch von „Betrügern“ reden. Wir üben auch Kritik an den Kritikern. Der emotionale Aspekt im Streit um die Relativität hat die Diskussion viel zu lange belastet.
  • Wir liegen mit unserer Kritik nicht „im Trend“. Jede(r) kann sich überzeugen, daß es Kritik an der Relativität von Anfang an (1905) gegeben hat. Die Liste derer, welche die Theorie strikt ablehn(t)en, ist nicht weniger beeindruckend als die der Anhänger.
  • Wir (GG und PM) haben uns an der Universität zu Köln kennengelernt, wo wir als Associate Professor in Sabbatical bzw. als Postdoc die Möglichkeit zu selbständiger Forschung fanden.
  • Ohne Begründung zu behaupten: „Das Buch ist aberwitzig und entspricht nicht der Wahrheit“, ist kein wissenschaftlich akzeptables Urteil über ein Buch. Wir berichten, was wir und viele andere Kritiker nach gründlicher und langer Recherche zusammengetragen haben. Alles ist belegbar. Unsere „polemische Einführung“ enthält viel verschwiegenes und deshalb unbekanntes Material. Als polemisch lehnen wir Begriffe wie „bombardieren“, „mäkeln“ und „Tatsachen verdrehen“ ab. Solche Ausdrücke kommen in unserem Buch nicht vor.
  • Der Äther – geliebtes Reizthema, wenn es um Relativität geht. Der Äther und Michelson-Morley (MM). In unserem Buch ist nirgendwo die Rede davon, daß das MM-Experiment eine wichtige Rolle gespielt hätte, weder für Einstein noch für uns noch für die spezielle Relativität überhaupt. In dem Artikel werden wir gewaltsam mit MM in Verbindung gebracht. Sogar ein Anhänger der Relativität wie Peter Mittelstaedt, Emeritus der theoretischen Physik, stimmt dem zu, daß die Aussage des MM-Experimentes nicht entscheidend ist. Der Versuch, das MM-Experiment zur Unterstützung der Theorie heranzuziehen, ist eine indirekte Bestätigung unserer Kritik an der Theorie.
  • Obwohl „Äther“ kein Begriff ist, der einen wissenschaftlichen Fortschritt gebracht hätte, dürfte es wohl niemanden geben, der in der Physik an einen absolut leeren Raum glaubt, egal, ob man vom „Äther“ zum „quantenelektrodynamischen Äther“ übergeht oder von „Strukturen im Raum“ spricht, von Energiefeldern, die zu „Teilchen aus dem Nichts“ führen. Wessen „Standardwissen“ soll das sein? Ist die Formulierung „Strukturen im Raum“ präziser als „Äther“?
  • Der Unterschied zwischen Kinematik und Dynamik ist fundamental. Um so schlimmer ist es, daß beide Begriffswelten immer wieder miteinander vermischt oder gar verwechselt werden. Kinematik ist eine abstrakte Bewegungslehre, die sich – im Gegensatz zur Dynamik – nicht um die Ursachen der Bewegungen kümmert. Ein kinematischer „Effekt“ ist daher kein Effekt im physikalischen Sinne. In unserem Buch sagen wir sehr wohl, was die physikalische Kopplung beim dynamischen Doppler-Effekt (Voigt-Doppler-Effekt) ist: Es ist der Rückstoß, den der Beobachter aus dem Wellenfeld nimmt (S. 62 oben).Bemerkenswert ist die alte Taktik, daß zur Verteidigung der speziellen Relativität (SRT) oft die allgemeine Relativität (ART) zu Hilfe genommen wird. Einerseits ist dies verständlich, weil die Mathematik, die hinter der ART steckt, jeden Laien paralysiert; andererseits ist es unstatthaft, weil beide Theorien zueinander wesensfremd sind: Die ART hat die Gravitation zum Gegenstand und kümmert sich nur um beschleunigte Bewegungen, die SRT will für die ganze Physik außer der Gravitation zuständig sein. Unser Buch befaßt sich bewußt mit der SRT – die ART ist ein gesondertes (nicht minder aufschlußreiches!) Thema. Die von Rüdiger Vaas zusammengetragenen Beispiele stammen überwiegend aus der ART. Von seinen aus der SRT entnommenen Beispielen haben wir das MM-Experiment bereits abgehandelt.
  • „Zeitdilatation“ gibt es nicht. Die – auch von uns akzeptierte – Beobachtung der verlängerten Lebensdauer bei ultraschnellen Mesonen ist, wie in unserem Buch erläutert, nur als dynamischer Effekt verstehbar. Eine „Längenkontraktion“ ist nie (auch nicht „indirekt“) beobachtet worden. Beides sind theoretische Konsequenzen der Lorentz-Transformation und sollten nach dem Willen der Theorie reziprok (symmetrisch für zwei Beobachter) sein. Das ist unmöglich. Der nicht enden wollende Disput um das „Zwillingsparadoxon“ hat einige Verteidiger der Theorie, welche die inneren Widersprüche eingesehen haben, dazu gezwungen, mit ihren Argumenten von der SRT zur ART überzuwechseln. Das zeigt, wie offenkundig dieser innere Widerspruch der SRT ist.
  • Trotz der uns nicht zugänglichen Information über Originaldaten und der unbestreitbaren Komplexität der technischen Details akzeptieren wir das Ergebnis des CERN-Experimentes. Die kinematische Interpretation des Experimentes, wie sie die SRT verlangt, muß aus dynamischen Gründen abgelehnt werden. E = mc2 (eine Formel, die auch wir ernst nehmen) kann kein Ergebnis einer kinematischen Theorie sein. Die Riesenbeschleuniger, von denen die Energien für solche Experimente bereitgestellt werden, sprechen eine deutliche Sprache, daß keine „Transformation“ in der Lage ist, die geschwindigkeitsabhängige Zunahme der Trägheit eines massiven Teilchens zu erklären. Die Hintergründe zu E = mc2 werden in unserem Buch erläutert.
  • Obwohl es in unserem Buch nicht um die allgemeine Relativität geht, greifen wir hier gerne die Periheldrehung des Merkur auf, weil dies ein Paradebeispiel für die allgemeine Konfusion in der Literatur ist. Der gesamte beobachtete Effekt ist (und das wird nicht immer klar gemacht) 5600 Bogensekunden pro Jahrhundert. Weil die Erdachse und mit ihr der Beobachter mit einer Dauer von etwa 26000 Jahren eine Präzession von 360 Grad ausführt, muß die Beobachtung um den dadurch entstandenen Beitrag korrigiert werden. Bleiben noch rund 570 Bogensekunden pro Jahrhundert. Von denen kann die Newton-Theorie unter Berücksichtigung der Störungen (hauptsächlich durch Jupiter) den Löwenanteil erklären, alles bis auf jene berühmt-berüchtigten 43 Bogensekunden pro Jahrhundert, aus denen einhellig eine Sensation gemacht worden ist und die als grandioser Beweis für die allgemeine Relativität gelten. Es darf zu Recht gefragt werden, warum die ART nur für jene 43 Bogensekunden zuständig sein will, obwohl sie die Newtonsche Theorie von der Gravitation voll ersetzen soll. Anders als die Newton-Theorie kann die ART sogar das Zweikörperproblem nicht analytisch exakt lösen, ganz zu schweigen vom Mehrkörperproblem. Wie erklärt die ART die Neigung und die Präzession der Erdachse, und zwar so genau, daß die 42,89 Bogensekunden für die Periheldrehung der Merkurbahn übrig bleiben?
  • „Die Relativitätstheorie ist keine Religion, kein Dogma.“ Wirklich nicht? Sogar Kirchenkritiker wie Küng und Drewermann haben eher die Möglichkeit, sich zu äußern, als die Kritiker der Relativität.

Der Aufforderung, beide Seiten fragen, stimmen wir vorbehaltlos zu. Wir begrüßen die öffentliche Diskussion und laden herzlich ein, mit sachlichen Argumenten daran teilzunehmen. Nur so können wir dem Anspruch der Physik, eine Wissenschaft zu sein, gerecht werden.