Die Arbeitsgemeinschaft des Ereignishorizont-Teleskops (Event Horizon Telescope, EHT) veröffentlichte am 10. April das erste Bild der unmittelbaren Umgebung eines extrem massereichen „Schwarzen Lochs“,1 das 6,5 Milliarden Mal massiver als unsere Sonne ist und sich 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Zentrum der Galaxie M87 befindet. Diese Beobachtung liefert den ersten direkten visuellen Beweis für die Existenz eines solchen Ereignishorizonts – eines physikalischen Grenzzustands, der einen noch geheimnisvolleren physikalischen Bereich abgrenzt, in dem die Gravitation so intensiv ist, daß selbst Licht nicht entweichen kann.
Die ersten Bilder eines so anomalen physikalischen Regimes sind eine deutliche Mahnung an uns Menschen, daß es noch sehr viel über unser Universum zu entdecken und zu verstehen gibt – daß wir uns über unseren kleinen Planeten erheben müssen, um unser Verständnis der Gesetze des Universums voranzutreiben. Das vor kurzem von Präsident Trump verkündete Mond-Mars-Programm bietet eine historische Gelegenheit, die nächsten Schritte zur Erfüllung unserer gemeinsamen menschlichen Bestimmung zu unternehmen.
Niemand weiß, was tatsächlich in solchen noch unbekannten Bereichen jenseits des Ereignishorizonts geschieht, aber jetzt wissen wir, daß ihre Existenz keine rein mathematische Spekulation ist – sie sind physische Realität. Die unmittelbare Umgebung um den Ereignishorizont herum ist der extremste jemals von der Menschheit untersuchte Ausdruck von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie – mit gravitativen Raumzeitbedingungen, die so intensiv sind, daß Licht den Ereignishorizont umkreisen kann, als wäre es ein Satellit, der einen Planeten umkreist. Nach Aussage der Wissenschaftler der National Science Foundation, die am 10. April die ersten EHT-Bilder präsentierten, entsprechen die Besonderheiten dieses Gebiets um den Ereignishorizont im Zentrum von M87 hervorragend dem, was auf der Grundlage von Einsteins Theorie vorhergesagt wurde.
Die ersten EHT-Bilder sind das Ergebnis einer intensiven internationalen Zusammenarbeit zwischen Hunderten von Wissenschaftlern, Dutzenden von Institutionen und zehn Radioteleskopen an acht Standorten auf der ganzen Welt, deren Daten in Computern gesammelt und abgeglichen wurden, um eine Langbasis-Interferometrie zu erreichen. Und das EHT steht noch ganz am Anfang. Weitere Teleskope werden in das Projekt eingebracht, und mit ihnen wird das EHT zu Beobachtungen im Bereich etwas höherer Radiofrequenzen übergehen. Diese kombinierten, zusätzlichen Fähigkeiten werden schärfere Bilder von zwei Hauptbeobachtungszielen ermöglichen, dem Ereignishorizont im Zentrum von M87 und dem Ereignishorizont im Zentrum unserer eigenen Milchstraßen-Galaxie, Sagittarius A* (Sgr A*). Die beteiligten Wissenschaftler weisen auch darauf hin, daß die zusätzliche Nutzung weltraumgestützter Satelliten der nächste Schritt wäre, um das Potential des EHT weiter zu erhöhen.
Die extrem massereichen Phänomene in den Zentren von Galaxien stellen entscheidende Anomalien dar. Nicht nur die physikalischen Vorgänge jenseits des Ereignishorizonts sind ein Rätsel, niemand ist sich ganz sicher, wie oder warum sich diese extrem massereichen Phänomene in den Zentren der Galaxien bilden. Jede Galaxie scheint eines zu besitzen, und ihre Masse vergrößert sich systematisch entsprechend der Größe ihrer Heimatgalaxie – eine Beziehung, die niemand erklären kann. Sie können „aktiv“ sein – und so dort zu den energiereichsten astronomischen Phänomenen werden, die heller leuchten als ihre gesamte Heimatgalaxie und kohärente und strukturierte Plasmajets emittieren, die größer als die Galaxie sein können.
Das EHT hilft uns, die Tür zu vielen faszinierenden Anomalien zu öffnen, aber wir stehen dabei erst am Anfang. Die Zukunft der Menschheit erfordert die ständige Beschäftigung mit derartigen Grundfragen, und hierfür sind Initiativen wie das Mond-Mars-Programm von Präsident Trump erforderlich.
LaRouches Sichtweise
Lyndon LaRouche behandelte dieses große Thema in seinem Entwurf für ein 40jähriges Mond-Mars-Kolonisierungsprogramm mit dem Titel „The Science and Technology Needed to Colonize Mars“ („Die notwendige Wissenschaft und Technik für die Kolonisierung des Mars“), erschienen in der November-Dezember-Ausgabe 1986 der englischsprachigen FUSION.2
Es folgt ein Auszug aus diesem Papier:
Die wissenschaftlichen Ziele
Die Astronomen sind die ersten, die uns sagen, warum wir uns etwas weiter von der Erdumlaufbahn entfernen müssen. Die Erdatmosphäre verhindert, daß wir das gesamte Strahlungsspektrum der Sterne und Galaxien beobachten können, und wir sind nahe an der Grenze dessen angelangt, was man durch erdgebundene Observatorien über unser größeres Universum entdecken kann. Teleskope und Radioteleskope im erdnahen Orbit bieten etwas bessere Möglichkeiten, aber für viele wichtige Messungen ist das Gebiet in der Nähe der Erdumlaufbahn ein sehr schmutziger und lauter Ort. Wir müssen uns die Möglichkeit verschaffen, das gesamte Spektrum der elektromagnetischen Strahlung im Weltraum zu messen, von sehr langen Wellen bis zur sehr, sehr kurzen Wellen – von allen fernen Sternen, Galaxien und anderen zu beobachtenden Phänomenen.
Der Bau von Observatorien in Entfernungen bis zum Marsorbit und darüber hinaus wird junge Astronomen sehr glücklich machen, aber unser Ziel, diese vielen Milliarden Dollar auszugeben, ist natürlich nicht nur, den Astronomen ein besonderes persönliches Vergnügen zu bereiten. Der Punkt ist, daß unsere Astrophysiker mit Hilfe solcher Observatorien in der Lage sein werden, viele für das Leben auf der Erde sehr wichtige Fragen zu beantworten, die ohne Informationen aus solchen Komplexen weltraumgestützter wissenschaftlicher Observatorien nicht beantwortet werden können.
Mit dem Fortschritt der Naturwissenschaften scheint das, was noch gestern als die beste Physik anerkannt war, an den Rändern auseinanderzufallen. Wenn dies geschieht, dann murmeln die Physiker normalerweise zunächst das häßlichste Schimpfwort in ihrem wissenschaftlichen Vokabular: „anomal“. Anfangs betrachten sie die unangenehmen Resultate der Experimente mit Mißtrauen und glauben, jemand habe ihnen einen bösen Streich gespielt. Früher oder später mahnen dann aber einige Physiker: „Es führt nicht weiter, wenn wir diese experimentellen Resultate, die uns nicht in den Kram passen, als ,Anomalien’ bezeichnen. Wir müssen uns den wissenschaftlichen Tatsachen stellen. In unseren heutigen wissenschaftlichen Lehrbüchern stimmt etwas nicht.“
Die Geschichte der „Anomalien“ ist die Geschichte der fundamentalen Fortschritte in der Wissenschaft. Die moderne Wissenschaft begann mit dem Werk des Nikolaus von Kues. 1440 erschien Cusas Buch Über die belehrte Unwissenheit (De Docta Ignorantia), das vor allem zwei Dinge erreichte. Cusa präsentierte darin eine Entdeckung, die in der modernen Wissenschaft als das Prinzip der geringsten Wirkung bezeichnet wird und die Mathematiker das isoperimetrische Theorem nennen. Cusa bewies, daß die damals gelehrte Geometrie einen grundlegenden Fehler enthielt, und daß dieser Fehler einen schlechten Einfluß auf unser physikalisches Denken hatte. In demselben Buch stellte Cusa eine physikalische Denkweise vor, die den Grundstein für das spätere Wirken führender Denker wie Leonardo da Vinci, Johannes Kepler und Gottfried Leibniz legte. Jeder grundlegende Fortschritt in der experimentellen Wissenschaft basiert seither darauf, Fehler zu entdecken, die in der allgemein anerkannten Wissenschaftslehre als „Anomalien“ bezeichnet werden.
Mit den Arbeiten von Carl Gauß und seinen Mitarbeitern entwickelte die Wissenschaft etwa Mitte des 19. Jahrhunderts eine effektivere Methode, mit dem Problem der „Anomalien“ umzugehen. Es wurde zur Regel erhoben, daß man sich zur Lösung eines grundlegenden Prinzips der Physik vom alltäglichen Rahmen wissenschaftlicher Arbeit lösen und untersuchen müsse, wie sich das Universum in seinen Extremen verhält – dem sehr, sehr Großen und dem sehr, sehr Kleinen. Mit anderen Worten, man kann nicht sagen, ein physikalisches Prinzip sei experimentell wahr, bis dieses Prinzip durch astronomische Beobachtungen und auch auf der Größenordnung von Molekülen, Atomen und deren subatomarem Verhalten nachgewiesen wurde.
Seit Leonardo da Vinci wurde auch immer wieder festgestellt, daß Naturprinzipien noch in einem dritten Bereich physikalischer Experimente und Beobachtungen nachgewiesen werden müssen: in lebenden Prozessen. Die heutigen Fortschritte in der optischen Biophysik erinnern uns erneut daran.
Kurz gesagt: Die praktische Bedeutung der Astrophysik für das Leben auf der Erde besteht darin, daß wir ohne jene besonderen Kenntnisse über die Gesetze des Universums, die wir durch die Astrophysik gewinnen, im wissenschaftlichen Fortschritt auf der Ebene der täglichen Praxis nicht weiterkommen. Astrophysik, Mikrophysik und optische Biophysik sind die Pionierbereiche allen wissenschaftlichen Fortschritts auf der Erde.
Um das Verhalten der Sterne und Galaxien zu erforschen, müssen wir den gesamten Bereich der Strahlung aus diesen Quellen messen. Wir müssen nicht nur das sichtbare Licht messen, sondern auch Mikrowellen und Radiofrequenzen, das sehr große Infrarotspektrum, den Ultraviolettbereich, den Röntgenbereich und so weiter. Je weiter von der Sonne entfernt wir diese Beobachtungen machen, desto besser. Was wir suchen, sind „Anomalien“ in der Physik unserer aktuellen Lehrbücher. Wir suchen nach Beweisen, die es uns im Vergleich mit der Arbeit in der Mikrophysik und optischen Biophysik ermöglichen, diese „Anomalien“ nicht nur zu enthüllen, sondern zu lösen.
Wie schnell die Wissenschaft auf der Erde voranschreitet, hängt stark von diesen koordinierten Untersuchungen ab.
Von unbemannten Beobachtungsstationen an verschiedenen Orten rund um unser Sonnensystem kann ein erheblicher Nutzen gezogen werden. Aber es stellt sich auch mehr und mehr die Aufgabe, bemannte Laboratorien und Observatorien im Weltraum zu unterhalten.
Bisher basierte der größte Teil unserer Weltraumforschung auf Zielen dieser Art. Dies wird auch in den kommenden Jahrzehnten ein großer Teil des Arbeitens und Lebens von Menschen im Weltraum sein.
Sobald wir daran gehen, Observatorien und Weltraumlabore in interplanetaren Distanzen zu stationieren, entsteht die Idee permanenter Kolonien im Weltraum. Sobald wir in Erwägung ziehen, einige Dutzend Wissenschaftler und Techniker in interplanetare Distanzen zu bringen, stellen wir bereits die Frage der Weltraumkolonisierung.
Die Logik des Problems ist einfach genug. Um einige Dutzend Wissenschaftler und Techniker bei Pioniereinsätzen der Weltraumforschung zu unterstützen, ist dort eine viel größere Anzahl von Menschen erforderlich, um die Lebenserhaltungssysteme zu erhalten, von denen diese Wissenschaftler und Techniker abhängig sind. Sobald man die Organisationspläne für die Personen entwirft, die lediglich zur Aufrechterhaltung dieser Lebenserhaltungssysteme erforderlich sind, stellt man fest, daß, sobald beschlossen wurde, ein paar Dutzend Wissenschaftler und Techniker für derartige Raumfahrtmissionen zu entsenden, man auch gleich einige hundert Wissenschaftler und Techniker dort einsetzen könnte. Der Personalumfang für die Lebenserhaltung, der benötigt wird, um ein paar Dutzend Wissenschaftler zu versorgen, würde tatsächlich mit relativ wenig Mehraufwand auch Hunderte unterstützen.
Sobald beschlossen wurde, Observatorien und Laboratorien in größerer Entfernung zum Marsorbit zu platzieren, wird deutlich, daß es viel besser ist, Nägel mit Köpfen zu machen und die Tatsache zu nutzen, daß der Mars der günstigste Ort ist, um eine logistische Basis für die entfernteren Stationen zu schaffen.
Sobald dieser Punkt in unseren Köpfen geklärt ist, müssen wir die Mindestbesatzung auf dem Mars veranschlagen, die notwendig ist, um alle notwendigen Funktionen für die Lebenserhaltung auf diesem Planeten zu gewährleisten. Selbst bei ständiger weiterer logistischer Unterstützung von der industriellen Basis auf dem Mond haben wir es bei unserer ersten Marskolonie mit einer Bevölkerung von der Größe einer Stadt zu tun. Wir müssen aufhören, an eine Basis in dem Sinne zu denken, wie wir uns eine „Südpolbasis“ vorstellen. Wir müssen von der Vorstellung einer permanenten Kolonie ausgehen, einer sich im wesentlichen selbsterhaltenden, permanenten Kolonie auf dem Mars.
Wir könnten das Projekt folgendermaßen betrachten: Man stelle sich vor, wir rekrutieren mehrere tausend Wissenschaftler und Forschungstechniker, um das große amerikanische Labor für die Weltraumforschung zu besetzen. Aber anstatt dieses universitätsähnliche Forschungszentrum mitten in Arizona zu errichten, platzieren wir es auf dem Mars. Um die Waren und Dienstleistungen bereitzustellen, die die Wissenschaftsteams und ihre Familien benötigen, entwickeln wir eine kleine Stadt rund um das Forschungszentrum, so wie zum Beispiel in Los Alamos.
Die Bewohner sind Menschen, keine Roboter, aber auch nicht Leute, die wie in einer Science-Fiction-Weltraumoper aus Hollywood in ihren Raumanzügen herumstampfen. Ohne ein menschliches Ökosystem würden viele von ihnen verrückt werden – oder jedenfalls beinahe. Eine Atmosphäre auf dem Mars zu schaffen, damit sich die Kolonisten mit dem Fahrrad oder per Anhalter auf den Straßen des Planeten bewegen können, dürfte auf absehbare Zeit etwas weit hergeholt sein; Städte und Farmen unter großen Kuppeln wie in einer irdischen künstlichen Umgebung sind auf absehbare Zeit die wahrscheinlichere Perspektive. Unter solchen Kuppeln müssen die menschlichen Aktivitäten und Umweltbedingungen so erdähnlich wie möglich sein. Man denke an ein ähnliches Zentrum inmitten der Sahara, die außerhalb der Oase ziemlich trostlos und unbewohnbar ist.
Fußnote(n)
- Siehe https://iopscience.iop.org/article/10.3847/2041-8213/ab0ec7/meta#back-to-top-target[↩]
- Siehe https://larouchepac.com/sites/default/files/1986-ScienceToColonizeMars.pdf. Weitere Informationen zu diesem Thema siehe Benjamin Deniston, „Singularities and Supermassive Black Holes“ in der Ausgabe vom 17. Juli 2015 von EIR, https://larouchepub.com/eiw/public/2015/eirv42n28-20150717/50-53_4228.pdf.[↩]