Kaum ein Thema wird derzeit in den Wissenschaftsmagazinen heftiger debattiert als die Relativitätstheorie. Als FUSION den Autoren des Buches „Requiem für die Spezielle Relativität“ Georg Galeczki und Peter Marquardt Gelegenheit gab, ihre Ansicht selbst darzustellen (FUSION 3/1997), ahnten wir nicht, welche Kontroverse sich darum entzünden würde. Deswegen wollen wir etwas ausführlicher schildern, wie sich die Debatte entwickelt hat. Und wer könnte das besser, als die Betroffenen selbst?
Im Gegensatz zu anderen Theorien der Physik stellt die „spezielle“ Relativität den Anspruch, ein “Übergesetz“ zu sein, dem sich alle entdeckten und noch nicht entdeckten Gesetze der Physik zu unterwerfen haben. Kern der Theorie ist eine (in der Natur nicht existierende) unendliche Familie von Inertialsystemen und die Koordinaten-(„Lorentz“.)Transformationen, mit denen diese verbunden werden. Die Theorie ist eine durch und durch kinematische Theorie, die trotzdem die Form aller dynamischen Gesetze stark beschränken möchte.
Das Buch von Galeczki und Marquardt zeigt sowohl die inneren Widersprüche der Theorie auf als auch ihre unphysikalische Natur. Das Weltall ist hierarchisch strukturiert, alle Grundgesetze der Natur sind widerspruchsfrei in einem absoluten Bezugssystem formuliert. Koordinaten-Transformationen im allgemeinen und Lorentz-Transformationen im besonderen sind für die Physik nicht fundamental. Es gibt ungezählte Lehrbücher über die Relativitätstheorie, in denen man sich mit den Begriffen und Spielregeln der Theorie vertraut machen kann, z. B. Wolfgang Rindler, Essential Relativity (1977).
Im Juni 1997 haben wir Herrn Ripota anläßlich einer Einladung in die Redaktion des PM-Magazin kennengelernt. Er hatte unser Buch gelesen und eine Liste von Fragen vorbereitet, die darauf schließen ließ, daß er unsere Kritik an der Relativitätstheorie ernst nahm und bei ihm ein Sinneswandel vor sich ging. Das PM-Magazin hatte bislang eine „pro-relativistische“ Position bezogen. Das Gespräch mit Herrn Ripota war sehr angenehm, und er ging aufmerksam auf unsere Argumente ein. Bis zum Erscheinen des Artikels über die Kritik an der Relativitätstheorie im PM-Magazin (Septemberheft 1997) hatten wir nichts mehr gehört. Die Aufmachung des Artikels „Der Verriß“ überraschte uns, aber wir akzeptierten, daß Journalisten in der Präsentation des Materials ihre eigenen Wege gehen. Uns störte mehr, daß wir den Text vor der Veröffentlichung nicht mehr zu Gesicht bekamen. So konnten leider einige Mängel überleben: Die Interpretation des Experimentes von Tom Phipps wurde fälschlicherweise auf die „Lorentz-Schrumpfung“ zurückgeführt statt auf die „Thomas-Drehung“ und zur Verlängerung der Lebensdauer bei hohen Geschwindigkeiten wurden die Mesonen in der Atmosphäre statt das aussagekräftigere weil genauere CERN-Experiment erwähnt. Wir hätten den Artikel anders geschrieben, aber er traf im wesentlichen den Kern der Sache und war dazu geeignet, die Leser zum Nachdenken zu bringen.
Im Januar 1998 meldete sich auch Herr Müller, Redakteur von Bild der Wissenschaft, der den PM-Artikel gelesen hatte. Seine erste Frage an Georg Galeczki war, ob er ein „Spinner“ sei. Trotz des Hinweises, ein Telefonat sei nicht das Richtige, um die Kritik an der Relativität darzulegen, dauerte das insgesamt sehr freundliche Gespräch eine halbe Stunde. Müller fragte nach einer Erklärung, warum alle Physiker an der Theorie Einsteins festhielten. Die Antwort kann nicht nur im Rahmen der Physik gegeben werden. Entsprechend wird im Artikel „Irrte Einstein?“ (Bild der Wissenschaft 3/98) der Hinweis auf „menschliches Verhalten“ aufgegriffen.
Anfang Januar rief Frau Irene Kern von Bild der Wissenschaft an und bat um das Originalfoto von den beiden Autoren, das auf dem Rückumschlag des „Requiem für die Spezielle Relativität“ zu sehen ist. Auf unser Angebot, mit weiterem Material behilflich zu sein, hörten wir bis zur Veröffentlichung des Artikels nichts mehr. Daß sich der Artikel in seinem scharfen Ton sehr von dem freundlichen Telefongespräch mit Herrn Müller unterscheidet, läßt darauf schließen, daß in der Zwischenzeit andere Instanzen Einfluß bei der Formulierung des Textes gehabt haben mußten.
Obwohl das Pressegesetz uns das Recht gibt, eine Gegendarstellung in der Länge des Originalartikels zu veröffentlichen, räumt uns Bild der Wissenschaft die Möglichkeit ein, lediglich eine wesentlich gekürzte Version einzureichen, die sich „streng auf Tatsachenangaben beschränkt“. Da der Artikel in Bild der Wissenschaft darauf schließen läßt, daß beide Seiten ein anderes Verständnis von „Tatsachen“ haben, legen wir hier die von uns als Reaktion auf den Artikel formulierte Version der Gegendarstellung vor.