Internationale Raumstation: Eine neue Epoche der Erkundung des Weltalls beginnt

Die neue internationale Raumstation dient nicht nur der Erforschung des erdnahen Weltraums, der Erdbeobachtung und der Forschung in Schwerelosigkeit, sondern sie wird auch als Sprungbrett zu weiteren Eroberungen des Universums dienen.


Der Start einer russischen Proton-Rakete am 20. November ist der Auftakt für das größte zivile Projekt der Menschheitsgeschichte: Die Internationale Raumstation (International Space Station, ISS). Die ersten 20 Tonnen Nutzlast sind der Kern eines Großprojektes der Raumfahrt, an dem sich 16 Länder der Erde beteiligen. Mit dem jetzt gestarteten Modul Sarja, von dem russischen Raumfahrtunternehmen Chrunitschew in der Nähe von Moskau im Auftrag der Firma Boeing gefertigt, beginnt nicht nur eine neue Form internationaler Zusammenarbeit in der Raumfahrt, es ist der Beginn einer neuen Qualität der bemannten Raumfahrt. Hunderte von Unternehmen in Nordamerika, Japan, Rußland sowie im übrigen Europa arbeiten an Modulen und Verbindungsknoten, an Laboratorien, Kommunikationstechnologien und Solaranlagen, die in den nächsten Jahren zum neuen Außenposten der Menschheit zusammengesetzt werden sollen.

NASA-Chef Dan Goldin erklärte zum Start der Internationalen Raumstation, damit habe die Menschheit auf Dauer den Schritt in den Weltraum getan. Die Station werde der Prüfstand für die Technologien der Zukunft sein. In der Tat ist die Raumstation die Voraussetzung für die schrittweise Eroberung des Weltraums durch den Menschen. Nachdem automatische Sonden bereits das Weltbild der Astronomen gehörig durcheinandergebracht und die Lehrbuchphysik in Frage gestellt haben, wird es im nächsten Jahrtausend auf die Raumfahrt mit menschlichen Besatzungen ankommen, um den Fortschritt und das Überleben der Menschheit sicherzustellen.

Der Start am 20. November war eigentlich schon zwei Monate früher geplant war, verzögerte sich wegen der Rußlandkrise jedoch. Sarja war schon am 27. Januar auf dem Weltraumbahnhof Baikonur in der kasachischen Wüste eingetroffen, wo es auf den Start vorbereitet wurde. Sarja ist ein „funktionaler Frachtblock“ (FGB für russisch „Funkzionalnij Grusowoj Blok“), der die Basiskommunikation zur Station unterhält, Strom und Treibstoff liefert und in weiteren Ausbauschritten der Station als Frachtraum dienen wird. Im Dezember folgen zwei weitere Komponenten, und allein für 1999 sind insgesamt 14 Shuttle- und Proton-Starts geplant, um Bauteile für die Raumstation in den Orbit zu schaffen.

Der russische Beitrag zur Raumstation: Das Modul Sarja, von dem russischen Raumfahrtunternehmen Chrunitschew in der Nähe von Moskau gefertigt. Foto: NASA

Die nächste Ausbauphase wird der „Knoten 1“ sein, ein Andocksystem, das sechs verschiedene Komponenten miteinander verbinden wird. Dieser Knoten wurde in den USA gebaut und soll am 3. Dezember von der Raumfähre „Endeavour“ in den Weltraum getragen werden. Dieser Knoten 1 ist ein zehn Meter langes und 4,5 Meter weites Adapterstück mit sechs Kopplungsluken. Zwei dieser Kopplungsluken haben 2,4 Meter lange Tunnelstutzen. An alle Luken können weitere Module angebaut werden, so daß der Ausbau der Raumstation möglich wird. Die Technologie für die „Knoten“ wurde in den Grundzügen schon von den Russen entwickelt. Denn Rußland hat seit den 70er Jahren praktisch ununterbrochene Erfahrungen mit Raumstationen gesammelt, während die Amerikaner, von ihren kurzen „Skylab“-Missionen abgesehen, über keine solche Praxis verfügen.

Laut Planung wird noch im Dezember 1998 ein drittes Element per Proton hochgeschossen, das sogenannte Service-Modul, das Herzstück der russischen Sektion der Station, in dem die Lebenserhaltungssysteme, Datenverarbeitung, Flugkontrolle, Antriebssysteme und ähnliches untergebracht sind. Es enthält eine Fernsteuerung, um von der Bodenkontrolle aus die Station steuern zu können, was für die ersten Andockmanöver unerläßlich ist. Etliche Systeme werden später durch amerikanische Komponenten ergänzt oder ersetzt, aber für die frühe Aufbauphase der Station ist dieses Service-Modul fest eingeplant. Es ist 13 Meter lang, wiegt 20 Tonnen und enthält drei voneinander unabhängige Druckräume; neben dem zylindrischen Hauptwerkraum auch zwei Schleusenkammern. Das Service-Modul hat wiederum vier Kopplungsstutzen: einen hinten zum Andocken der Raumschiffe Sojus und der Versorgungskapseln Progress sowie drei an der vorderen Schleusenkammer zum Andocken an das Kontrollmodul und weiteren Ausbau der russischen Sektion. Von dieser Kammer kann die Mannschaft sich auch in Raumanzügen zu Weltraumspaziergängen bzw. Außenbordarbeiten ausschleusen.

Vor allem aber enthält das Service-Modul Schlafkojen für die Besatzung, eine Kombüse mit Tisch für die Mahlzeiten, eine spezielle Weltraumdusche und eine Weltraumtoilette. Wenn das Service-Modul angedockt hat, kann voraussichtlich im Juli 1999 die erste Mannschaft mit einem Sojus-Raumschiff zur Station aufbrechen und an Bord gehen. Die Mannschaft, zwei Russen und ein amerikanischer Kommandant, ist schon benannt und bereitet sich auf ihre Mission vor: Flugingenieur Sergeji Krikalew, Sojus-Kommandant Juri Gidsenko und Stationskommandant Bill Shepherd.

Damit nimmt die Station ihre Arbeit auf, die allerdings zunächst in der Hauptsache noch darin bestehen wird, die Raumstation selbst auszubauen. Fertigstellungstermin ist für Ende 2003/Anfang 2004 geplant, dann werden auch japanische, europäische, kanadische und brasilianische Beiträge in einer Struktur verbaut sein, die im Kern aneinandergekoppelte Module von immerhin 88 m Länge umfaßt. Aus diesem Kernbereich wachsen 108 m Gerüste heraus. Zur Stromversorgung werden insgesamt 16 Paneele mit Sonnenkollektoren – einige 30 m lang – mit einer Gesamtfläche von fast einem Hektar verbaut. Sie werden genügend Strom produzieren, um eine ganze Reihe wissenschaftlicher Versuche gleichzeitig betreiben zu können und dabei den Astronauten bzw. Kosmonauten einigen Komfort zu bieten. Am Nachthimmel wird die Raumstation beinahe so hell leuchten wie die Venus.

Was ist neu?

Nachdem die Russen schon lange Erfahrungen mit ihrer Raumstation Mir haben, stellt sich die Frage, was das Besondere an der neuen ISS ist. Genau genommen ist die ISS die logische Fortentwicklung der Mir. Während auf der Mir alles für den Betrieb einer Raumstation Notwendige getestet wurde (einschließlich unfreiwilliger Alarmübungen wie Feuer an Bord und Lecks nach schwerer Kollision), soll die viel größere ISS jetzt ganz neue Aufgaben in der Forschung und Erdbeobachtung übernehmen.

Die Raumfahrer haben nicht nur deutlich mehr Platz als in jedem anderen bisher von Menschen gebauten Raumschiff (auch eine Raumstation ist wie jeder Satellit im Grunde ein Raumschiff), sie werden auch deutlich verbesserte Systeme und beispielsweise eine angenehmere Raumluft vorfinden. Davon träumen derzeit noch die Besatzungen der Mir und des Space-Shuttle, denn die Luft in diesen Raumschiffen wird von menschlichen Ausdünstungen nicht nur unzureichend befreit, sondern auch noch durch feinste Partikel aus der Toilettenanlage „angereichert“. Es wird Fernsehen an Bord geben und erstmals in der Raumfahrtgeschichte auch einen Kühlschrank, der die Versorgung mit frischer (oder doch zumindest kühler) Milch, Obst und Gemüse sicherstellt.

In 45 Flügen mit 1500 Montagestunden werden die Astronauten und Kosmonauten bis 2004 die Station aus 36 Elementen errichten. Die ISS wird 88 Meter lang, 108 Meter weit und mit 450 Tonnen Masse allein mehr wiegen als Mir samt angekoppeltes Space-Shuttle zusammen. Die NASA liefert die Versorgungsknoten, Wohnmodule, eine Zentrifuge, Hauptsolargeneratoren, Wärmetauscher, die Andockschleuse für das Shuttle, die Hauptenergieversorgung, Temperaturkontrolle (dazu gehören große Abstrahler für Überschußwärme) und die Hauptkommunikation. Die russische Raumfahrtbehörde RKA steuert Sarja, das Service-Modul, zwei Andockschleusen, das Energieversorgungssystem, Andock- und Lagermodul, drei Forschungslabore und zwei Versorgungsmodule bei. Die japanische NASDA ist mit einem Labor, einem Roboterarm, einem Logistikmodul und einer Außenplattform dabei. Kanada (CSA) liefert einen Roboterkran für Außenarbeiten. Die europäische ESA baut gegen 2003 ihr Labor Columbus an, und wird vielleicht mit der NASA zusammen ein Rettungsboot (CTV) bauen.

Schon in der Anfangsphase wird auch der wissenschaftliche Betrieb in der Station aufgenommen. Obwohl zu Beginn der Aufbau der Station im Mittelpunkt steht und die Zeit, die den Kosmonauten zu wissenschaftlicher Forschung zur Verfügung steht, noch arg beschränkt ist, zeichnet sich schon ein ungeheurer Bedarf ab. Der zuständige Ausschuß in der russischen Raumfahrtagentur hat bereits über 400 Forschungsvorschläge erhalten, obgleich nur etwa 10 Experimente in der Anfangsphase durchgeführt werden können. Im Vollbetrieb der Raumstation werden sieben bis acht Männer und Frauen ständig an Bord sein. Sie werden für ihre Experimente 33 Geräteschränke und 14 Experimentierplätze außenbords zur Verfügung haben. Zu ihren Forschungsfeldern gehören Verfahrenstechnik, Materialforschung, Biotechnik, Gravitationsbiologie, Fluid- und Verbrennungsphysik, aber auch Kunststoff- und Keramikverarbeitung und die Herstellung von Halbleitern sowie Erd- und astronomische Beobachtungen.

Aber die Station kann und wird auch als Bahnhof für Fernreisen benutzt werden. Außerdem könnte die Besatzung eines Tages eine Reihe großer Sonnenspiegel aus ultradünner Metallfolie, mit denen Sonnenenergie auf die Erde gelenkt wird, aufbauen und warten. Erste Experimente zu diesem ursprünglich von Hermann Oberth gemachten Vorschlag haben die Russen auf der Mir bereits durchgeführt. Das könnte angesichts der erwarteten Abkühlungsphase auf der Erde ausgesprochen notwendig erscheinen, um das Klima zu erwärmen oder wenigstens dichtbesiedelte Regionen vom Dauerfrost zu befreien.

Größter Feind der Raumfahrt ist der IWF

Leider konnte der ursprüngliche Zeitplan für den Start der ISS wegen der durch IWF-Auflagen verursachten Geldnot Rußlands nicht eingehalten werden. Das russische Service-Modul wurde nicht rechtzeitig fertig, denn die Regierung in Moskau hat Zulieferfirmen nicht bezahlt, die ihrerseits lebenswichtige Komponenten nicht geliefert haben. Somit verzögerte sich auch der Start des Frachtblocks, denn es macht keinen Sinn, ihn monatelang allein um die Erde kreisen zu lassen. Die „Rußlandkrise“ gefährdet damit dieses internationale Projekt mit einer realen Investitionssumme von mindestens 82 Mrd. DM. Nur weil die Amerikaner kurzfristig 60 Mio. Dollar (für die nächsten vier Jahre sind sogar insgesamt 660 Mio. Dollar im Gespräch) aus dem eigenen Raumfahrtetat umgewidmet haben und dafür Technik und Dienstleistungen in Rußland kaufen, kann das Service-Modul jetzt wenigstens mit Verspätung fertiggestellt werden. Die NASA kauft damit auch Forschungszeit und Stauraum im russischen Modul.

Doch selbst über dem deutlich verringerten russischen Engagement hängt immer noch ein Fragezeichen. Jurij Koptew, Direktor der russischen Raumfahrtagentur RKA, erklärte am 22. September: „Mit den Fristen ist bei uns alles unklar. Wir erhalten weiter kein Geld vom Staat.“

Die IWF-Politik hat nicht nur die russische Bevölkerung um ihre Ersparnisse betrogen und einer kleinen Oligarchie dazu verholfen, die Rohstoffe des Landes auszuplündern. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion fand zudem ein regelrechter Ausverkauf der Hochtechnologie statt. In den Industriebetrieben der Luft- und Raumfahrt arbeiten kaum mehr junge Menschen (die müssen Taxi fahren oder „Geschäfte“ machen), und die alten überleben, indem sie Patente, für die sie Jahrzehnte lang gearbeitet haben, billig verramschen. Auf diese Weise kannibalisiert sich die Raumfahrtindustrie selbst, wobei man nicht vergessen darf, daß Rußland (zusammen mit der Ukraine und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion) noch immer in praktisch jeder Hinsicht die führende Raumfahrtnation sind.

Der amerikanischen NASA ist es nicht zu verdenken, daß sie die Gelegenheit beim Schopfe packte und ihre eigenen Pläne für die Internationale Raumstation „Freedom“, die vom US-Kongreß ohnehin seit Jahren immer wieder verzögert und verkleinert wurden, kurzerhand aufgab und sich bei den Russen eingekauft hat.

Die Vorteile einer gemeinsamen Raumstation liegen auf der Hand. Die Arbeitsmöglichkeiten und die Sicherheit an Bord der Station wachsen, wenn verschiedene, schon bestehende Raumfahrtsysteme an ihr ankoppeln können. Mit der gemeinsamen Arbeit können sich die Nationen auch Kosten für teure Neuentwicklungen teilen und sich gegenseitig zuarbeiten. Aus dem Grund hatten die Amerikaner auch schon die Kanadier, Europäer und Japaner mit ins Boot genommen. Die Russen hingegen hatten schon seit langem geplant, ihre derzeit höchst erfolgreich operierende Raumstation Mir durch eine neue, verbesserte Station zu ersetzen. Die Module, die die Russen bauen, sind überarbeitete Mir-2-Entwürfe, ebenso stammen die amerikanischen Module weitgehend aus der „Freedom“-Planung. (Die Amerikaner, die in den letzten Jahren routinemäßig auf der Mir zu Gast waren, haben mehr oder weniger heimlich wertvolle Erfahrungen von der Mir in ihre überarbeiteten Entwürfe einfließen lassen.)

Die Europäer sind durch die europäische Raumfahrtagentur ESA vertreten, die auf jeden Fall das Forschungsmodul „Columbus“ beisteuert. Columbus sollte erst an Freedom andocken, dann an Alpha, wie die gemeinsame Raumstation zwischenzeitlich hieß, und jetzt eben an die ISS. Bei den amerikanisch-russischen Verhandlungen wurden die Europäer übergangen und erst hinterher gefragt. Aber das kann den Europäern eigentlich egal sein, denn Columbus wird erst angekoppelt, wenn fast alles andere, einschließlich zweier japanischer Einheiten, schon fliegt. Und wenn sich die offenbar noch in der geistigen Enge einer untergehenden Epoche behafteten europäischen Regierungen doch noch zu einem größeren Beitrag durchringen sollten, dann liegen ehrgeizige Pläne bereit.

Bereits geplant, aber dann von der ESA wieder zusammengekürzt, war eine Mannschaftstransportkapsel (CTV) für vier Astronauten. Die Kapsel sollte so genau steuerbar sein, daß sie bei der Rückkehr aus hoher Bahnneigung praktisch in jedem Teil Europas mit Fallschirm zu Lande oder zu Wasser niedergehen könnte. Der Aufprall sollte durch Bremsrakete und Airbag gemildert werden. Die europäischen Raumfahrtexperten haben auch einen unbemannten Nutzlasttransporter entworfen, der die Station mit Material, Geräten und Treibstoff versorgt. Er arbeitet nach dem Vorbild der russischen „Progress“-Raumfahrzeuge und von wird einer europäischen Ariane-5-Rakete abgeschossen. Das letzte dieser Projekte, die beide von den Franzosen favorisiert werden, soll nach bisherigen Planungen realisiert werden.

Es gibt in Europa noch viel weitreichendere Pläne für bemannte Raumgleiter und Raketenflugzeuge, deren Entwicklung aber regelmäßig von den Forschungsministern gestoppt wird. Von den vielen sinnvollen (und wertschaffenden) Entwürfen der europäischen Ingenieure und Wissenschaftler sind in den Haushalten zu Maastricht-Zeiten nur Brotkrumen übriggeblieben.

Der europäische Anteil an der gesamten Station beträgt insgesamt lediglich 5 Prozent. Dieser Anteil berechtigt die ESA, einen Astronauten für vier Monate pro Jahr auf die Station zu schicken. Columbus wird aber auf jeden Fall gebaut, und zwar in Bremen bei der Daimler-Benz Aerospace. Deutschland und Italien hatten innerhalb der ESA am stärksten auf die Realisierung von Columbus gedrängt (und Deutschland finanziert von diesem Projekt über 40 Prozent oder 2,1 Mrd. DM). Es wird kleiner als die Forschungsmodule der Russen, Amerikaner oder Japaner. Ein Vielfaches, was man durch die Verkleinerung des Forschungsmoduls eingespart zu haben glaubt, wird man später für Zumietung von Logistik, Platz und Service bei den Russen, Amerikanern und Japaner ausgeben. Auch der Verzicht auf einen eigenen Mannschaftstransporter wird am Ende teurer, weil bei jeder ESA-Mission Plätze bei den Russen oder Amerikanern gebucht werden müssen, die sich das fürstlich bezahlen lassen.

Die Zukunft der Raumfahrt

Ob mit oder ohne Europäer, der erfolgreiche Betrieb der Raumstation wird in vielfacher Hinsicht zur Überlebensfrage der Menschheit. Das ist keine Laune prestigesüchtiger Industrienationen. Mit gutem Grund investieren Länder wie Brasilien (das an der Station durch den Bau von Beobachtungsfenstern für das amerikanische Forschungsmodul beteiligt ist), China, Indien, Indonesien, Argentinien oder Ägypten wachsende Summen in die Raumfahrt. Die Raumstation dient nicht nur der Erforschung des erdnahen Weltraums, der Erdbeobachtung und der Forschung in Schwerelosigkeit, sondern sie wird auch als Sprungbrett zu weiteren Eroberungen des Universums dienen. Und erst wenn die Menschheit dauerhaft auf fremden Himmelskörpern Fuß faßt, wird sie auch über genügend kreativen Geist verfügen, um dauerhaft überleben zu können.

In dieser kulturellen Hinsicht kann man den Aufbau der Raumstation nur mit der Leistung von Christopher Kolumbus vergleichen. Alle großen Raumfahrtpioniere, Deutsche, Amerikaner, Russen, sehen in der Raumstation den wichtigsten Zwischenschritt, um wirklich Raumfahrt betreiben zu können, also die Räume zwischen den Himmelskörpern zu bereisen. Tatsächlich gibt es auch konkrete Pläne, die Raumstation dazu zu benutzen, große Raumschiffe im Weltraum zusammenzubauen, um beispielsweise zum Mars zu fliegen. Der Zusammenbau komplexer Systeme in der Umlaufbahn wird ja durch den Aufbau der Raumstation selbst bereits praktisch erprobt. So hatten es die Russen geplant, und so stellen sich die Projektplaner bei der NASA das vor. Wenn die Station in Betrieb ist, planen die Wissenschaftler der ESA den Einsatz eines als Frachtraumschiff konzipierten Transfervehikels (um beispielsweise Satelliten auf höhere Umlaufbahnen zu transferieren). Es soll so ausgelegt werden, daß es von der Station auch gleich zum Mond fliegen kann. Das ist energetisch kaum noch ein Unterschied; und dann ließen sich die ehrgeizigen Pläne einer Rückkehr zum Mond verwirklichen.

Die ISS ist – trotz aller Beschränkungen – nicht nur die größte zivile Investition der Menschheitsgeschichte, es dürfte auch die beste sein. Sie leitet eine neue Epoche mit neuen, ungeahnten Freiheitsgraden nicht nur für die Spitzenforschung, sondern für jeden Menschen auf diesem Planeten ein.