Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit
Im Streit um die Bereitschaftsdienste der Ärzte in den Kliniken zeichnet sich ein Beschluß ab, der den Kliniken Milliarden kosten könnte. Bei einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat der Generalanwalt in seinem Schlußantrag am 8. April erklärt, bei den Bereitschaftsdiensten handele es sich „in vollem Umfang um Arbeitszeit“, auch wenn die Ärzte nicht durchgehend arbeiten müssen. Das abschließende Urteil wird für den Sommer erwartet. Vor allem bei den über 130.000 deutschen Klinikärzte ist es üblich, daß nach dem regulären Tagdienst häufig noch ein Bereitschaftsdienst anfällt, wobei eine 80-Stunden-Woche und Einsätze von „über 30 Stunden am Stück“ nicht selten seien, so der Marburger Bund. Dabei wird die Bereitschaft aber nur dann voll als Arbeitszeit gerechnet, wenn mindestens zur Hälfte der Zeit auch tatsächlich Arbeit anfällt. Der EuGH-Gutachter Dámaso Ruiz-Jarabo erklärte nun unter Berufung auf ein Grundsatzurteil des EuGH vom Oktober 2000, daß der gesamte Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anerkannt werden müsse. Im Februar hatte auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt bereits erklärt, nach europäischem Recht seien die Bereitschaftsdienste eindeutig Arbeitszeit. Eine Anrechnung der Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit bedeute nach Berechnungen des Marburger Bundes allein für Deutschlands über 2.200 Krankenhäuser einen Bedarf von zusätzlich 15.000 Ärzten und Mehrkosten von einer Milliarde Euro. Nach Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Berlin würden sogar 27.000 zusätzliche Ärzte und 14.000 weitere Beschäftigte in Pflege, Technik und Verwaltung benötigt. Die jährlichen Mehrkosten schätzt die DKG auf 1,75 Milliarden Euro.
AIDS verlangsamt Bevölkerungswachstum
Die Weltbevölkerung wird wegen der Ausbreitung von AIDS deutlich langsamer wachsen als bislang angenommen. Die UN-Bevölkerungsabteilung korrigierte ihre Prognose für die Zahl der Menschen im Jahr 2050 um 400 Millionen auf 8,9 Milliarden herunter, wie Direktor Joseph Chamie am 26. Februar in New York sagte. Allein im laufenden Jahrzehnt würden in den 53 am schlimmsten von AIDS betroffenen Ländern 46 Millionen Menschen an der Seuche sterben, bis zur Mitte des Jahrhunderts demnach 278 Millionen Menschen. Chamie sieht derzeit kaum Hoffnung, die AIDS-Epidemie unter Kontrolle zu bekommen: „HIV/AIDS ist eine Massenvernichtungskrankheit, und wir werden so bald keinen Impfstoff haben.“ Das wohl größte langfristige Problem sind die zahllosen AIDS-Waisen in Afrika. So leben allein in Mosambik 2,6 Millionen AIDS-Waisen, die ihre Eltern verloren haben, bevor sie selbst alt genug sind, um die Landwirtschaft zu erlernen. Hunger ist damit eine direkte Folge der AIDS-Epidemie.
Bundespräsident führt Dialog der Kulturen
Bei seinem jüngsten Staatsbesuch in Indien hat Bundespräsident Johannes Rau den Dialog der Kulturen und die vielfältigen Verbindungen zwischen Europa und Asien in den Vordergrund gestellt. Bei einer Diskussionsrunde im Gandhi-Gedächtniszentrum Birla-Haus in Neu Delhi am 4. März sagte er: „Stehen wir, wie von manchem befürchtet, vor einem clash of civilizations? Unterschiedliche Konfessionen haben Deutschland und Europa für viele Jahrhunderte gespalten. Religiöse Kriege haben viele Opfer gefordert. Auch für Indien und Pakistan war der Weg in die Unabhängigkeit mit religiöser Gewalt verbunden. Wiederholt sich die Geschichte, jetzt aber im Weltmaßstab? Dabei müssen wir uns vor Augen führen: Wir sind Zeugen einer politischen Auseinandersetzung im Nahen und Mittleren Osten, nicht einer zivilisatorischen. Doch besteht die Gefahr, daß unbedachter oder absichtlicher Sprachgebrauch den Weg dazu bereitet.“
Das Gegenmittel dazu sei der Dialog zwischen den Kulturen und Religionen, in dem die gegenseitige Achtung von Werten und Würde wegweisend sein müsse – was im Zeichen der vorherrschenden Form der „Globalisierung“ nicht immer der Fall sei, mahnte Rau.
Was das wirtschaftliche und technisch-wissenschaftliche Potential deutsch-indischer bzw. europäisch-asiatischer Kooperation betrifft, so sah Rau dies als „noch lange nicht erschöpft“ an. Asien, wo immerhin die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung lebe, sei nicht nur wegen seiner wirtschaftlichen Erfolge ein aufstrebender Kontinent, und die Entwicklung der deutschen Beziehungen zu Südasien, also Indien, seien keineswegs zweitrangig gegenüber den Beziehungen zum weiter östlich gelegenen China. Eine besondere Rolle komme dem Austausch in der Wissenschaft zu, denn „ein wichtiges Fundament wirtschaftlichen Erfolgs ist wissenschaftliche Forschung“.
Wasserblasen im All
Wasser scheint unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit andere Eigenschaften zu besitzen als hier auf der Erde. Jeder, der schon einmal mit Seifenblasen gespielt hat, weiß, daß dazu einfaches Wasser nicht taugt, es muß etwas Seife oder Glyzerin zugesetzt werden. Ganz andere Erfahrungen hat nun der NASA-Wissenschaftler Don Pettit auf der internationalen Raumstation gemacht. In seiner „Freizeit“ fertigte sich zwischen 3,3 und 15 cm große Drahtschlaufen. Er staunte nicht wenig, als sich selbst bei reinem Wasser in der Schlaufe ein dünner Wasserfilm bildete. Er staunte noch mehr, als er feststellte, daß dieser Wasserfilm sehr stabil war. Er konnte mit der Schlaufe hin und her fahren, der Wasserfilm beulte sich gegen den Luftzug aus. Später brachte er feine Staubteilchen (0,5 Mikron Durchmesser) auf den Film. Wenn er nun leicht gegen die Wassermembrane hauchte, zeigten sich faszinierende Wasserbewegungen. Manchmal bildeten sich Figuren, die aussahen wie Galaxien. Schließlich malte er mit einer sehr feinen Feder auf den Wasserfilm. „Es war wie auf einer Gummi-Membrane“, gab Pettit zu Protokoll. Pettit versuchte zu erklären, weshalb sich unter der Schwerelosigkeit solche Wasserfilme bilden konnten, während das auf der Erde unmöglich ist. Wassermoleküle sind elektrisch geladen und halten sich über diese Ladung fest. An der Wasseroberfläche oder wie hier in der Membrane stehen als Ladungspartner nur angrenzende Moleküle zur Verfügung. Daher bildet sich auf der Wasseroberfläche eine Art Haut, die wir auch auf der Erde beobachten können. Sie hält Wassertropfen zusammen, doch die Spannung zwischen den Molekülen reicht nicht aus, um die Gravitation zu überwinden. Die Erdanziehung läßt jeden freischwebenden Wasserfilm sofort platzen. Pettit ist der Überzeugung, daß die Raumstation ein idealer Ort ist, um experimentelle Strömungsphysik zu betreiben, weil nur hier der beträchtliche Einfluß der Gravitation auf das Strömungsgeschehen wegfällt.
Eisenbahntunnel von Korea nach Japan
Der neue südkoreanische Präsident Roh Moo-hyun hat auf einem Gipfeltreffen mit dem japanischen Regierungschef Junichiro Koizumi am Tag seiner Amtseinführung am 25. Februar eine Aufwertung der koreanisch-japanischen Beziehungen angeregt. Wie die Korea Times meldete, sprach sich Roh für das Vorhaben eines Unterwassertunnels zwischen beiden Ländern aus. Ein solcher Tunnel „als Teil einer großen, Asien und Europa umfassenden Eisenbahn werde das Interesse der Wirtschaft beleben, wenn Nordkoreas Nuklearproblem gelöst ist“, erklärte Roh. Ein solches Projekt wäre der längste Brücken-Tunnel-Komplex der Welt und könnte Japans Inseldasein für immer beenden. Mitarbeiter der südkoreanischen Regierung erklärten, man solle in Zukunft nicht mehr von der Eisenbahnverbindung Pusan-Paris sprechen, sondern von der Bahn Tokio-Pusan-Paris. Schon in den 90er Jahren wurde in Japan an der Idee eines solchen Tunnels gearbeitet, aber damals befürchteten einige Koreaner, er könne für eine militärische Invasion mißbraucht werden. Rohs Erklärung zeigt, daß sich die Zeiten geändert haben.
Ölpipeline Rußland-China-Korea-Japan
Wie die Zeitung China Daily vom 3. März berichtete, stehen China und Rußland kurz vor dem Abschluß der Verhandlungen über eine 4.000 km lange Ölpipeline von Ostsibirien nach China, Nord- und Südkorea sowie Japan. Ein Regierungsvertreter aus Beijing nannte es „das wichtigste Geschäft zwischen den beiden Nachbarn für mindestens zwei Jahrzehnte“. China akzeptiert Rußlands neuen Plan, an die russisch-chinesische Hauptstrecke eine zusätzliche Pipeline nach Japan anzuschließen, solange ausreichende Lieferungen an China gewährleistet sind. Dieser jüngste Vorschlag, der Anfang Februar unterbreitet wurde, sieht vor, zuerst eine knapp 2000 km lange Pipeline nach China zu bauen und später Verbindungspipelines vom sibirischen Tschita zur russischen Hafenstadt Nachodka zu errichten, so daß Japan, Korea und sogar die USA beliefert werden können. In die Pipeline sollen 5 Mrd. Dollar investiert werden. Ab 2005 will man darüber jährlich 20 Mio. t Öl von Angarsk nach Daqing liefern, bis 2010 soll die Menge auf 30 Mio. t ansteigen. China möchte auf diese Weise seine Abhängigkeit vom Öl aus dem Nahen Osten verringern, und auch das russische Energieministerium bezeichnet den Plan als dem „nationalen Interesse dienlich“.