Stabile Fusionsplasmen früher als ein stabiles Finanzsystem?

Mehrere wissenschaftliche Forscherteams sind der Auffassung, daß es bis zum Ende dieses Jahrzehnts gelingen könnte, Fusionsenergie auf kommerziellem Niveau zu realisieren. In den Worten von Michl Binderbauer, Chef von TAE Technologies mit Sitz in Los Angeles, ist die Fusionsenergie die Antwort auf ein ganz reales Problem. „In den nächsten 25 Jahren wird sich der Strombedarf auf der Welt verdoppeln. Die Frage ist also, wie dieser erzeugt werden soll.“ Mit dieser Herangehensweise erscheint der bisherige Zeitplan, die nächsten 25 Jahre lediglich damit zu verbringen, einen ersten Demonstrationsreaktor für die Fusionsenergie zu erreichen, deutlich zu pessimistisch.

Dabei verfolgen einiger dieser Teams sehr interessante neue Plasma-Konzepte, den sogenannten vierten Aggregatzustand, bei dem Elemente in ionisierter Form vorliegen, die dann zu schwereren Elementen fusionieren können und dabei enorme Energien erzeugen.

Der dominierende Weg in der Fusionsforschung ist seit vielen Jahren, Magnetfelder zu erreichen, die so stark sind, daß sie ein Plasmagas, das auf hohe Energien im Bereich von 100 Millionen Grad Celsius erhitzt wird, stabil halten können, um es davon abzuhalten, die Wände des Reaktorgefäßes zu berühren.

Eine andere Vorstellung, die von Anfang an Teil der Fusionsforschung war, beginnt jetzt eine zentrale Rolle einzunehmen: Die Erzeugung von Plasmen, die durch elektrodynamische Prozesse ihre eigene stabile Konfiguration beibehalten und sogar stabiler werden, je heißer sie werden. Eine weitere Besonderheit dieses Konzepts ist, daß Fusionsreaktionen erzeugt werden, deren energetische Produkte nur aus Protonen und Elektronen bestehen, nicht aber aus Neutronen. Geladene Protonen und Elektronen können durch Magnetfelder wie „Strahlen“ gelenkt werden, um unmittelbar Arbeit zu verrichten – zum Beispiel als Antrieb –, während Neutronen losen Kanonenkugeln ähneln.

Vor fast 40 Jahren nahm der Wirtschaftswissenschaftler und Gründer der Fusion Energy Foundation (FEF), Lyndon LaRouche, an einer Reihe von Seminaren unter der Schirmherrschaft der FEF teil, in denen sich frühe Pioniere der Fusionsforschung mit der Erzeugung eines sich selbst erhaltenden Fusionsplasmas oder Plasmawirbels auseinandersetzten. Einer der Teilnehmer, Dr. Daniel Wells, erzeugte mit einem kleinen Versuchsgerät namens Trisops an der Universität von Miami in Florida selbsterhaltende – oder, wie Wells es nannte, „kräftefreie“ – Plasmaringe, die um die von ihnen erzeugten elektrischen Strom- und Magnetfeldlinien rotierten und ihre Stabilität ohne starke Kompression durch äußere Magnetfelder beibehielten. Er nannte sie „Plasma-Rauchringe“ und verglich sie mit Rauchringen, wie sie in jenen alten Tagen gern von Zigarettenrauchern gebildet wurden (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1. Die ursprüngliche Idee vor 40 Jahren: Zwei ionisierte Plasmen werden in eine zentrale Kammer geschossen, um dort zu kollidieren und sich mit „geleiteten“ Magnetfeldern zu vermischen. Dr. Daniel Wells schrieb: „Die Wirbelstrukturen werden durch konische Theta-Pinch-Kanonen gebildet…. Ein kolinearer Kern ist von einer kräftefreien Strömungsstruktur umgeben, welche die heißen, dichten Hochdruckplasmen unterstützt.“ Aus Wells et al. „Hydrodynamic confinement of thermonuclear plasmas: TRISOPS IIX“, 1980.

LaRouche stellte auf einem dieser FEF-Seminare die Frage, ob diese Ringe den gleichen Prinzipien der Planetenbahnen in einem Sonnensystem folgten, wie sie Johannes Kepler im 17. Jahrhundert entdeckt hatte. Wells testete daraufhin LaRouches Hypothese, bewies zu seiner Überraschung, daß sie richtig war, und berichtete Anfang 1986 in einem Vortrag auf einem weiteren FEF-Seminar darüber. LaRouche antwortete darauf mit einem Memo (abgedruckt in dieser Ausgabe). Er schlug darin vor, ein besserer Begriff als „kraftfrei“ für diese sich selbst erhaltenden Plasmaringe sei das Konzept der „geringsten Wirkung“. Diesem Prinzip universeller physikalischer Gesetze folgen z. B. Lichtstrahlen, die durch Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte gebeugt oder gebrochen werden, so daß sie immer den schnellsten anstatt den kürzesten Weg nehmen.

Außerdem merkte LaRouche an, daß Dr. Wells‘ experimentelle Arbeiten dazu führten, daß „scheinbar anomale Phänomene, die auf der Skala des ganz Großen (d. h. der Astrophysik) auftreten, mit scheinbar anomalen Ereignissen im ganz Kleinen korreliert werden“ (der Mikrophysik von ionisierten Atomen in einem Plasma). Wells selbst hatte diese Analogie eines superheißen Plasmas zu einem sich bildenden Sonnensystem mit einer im zentralen Bereich zündenden Kernfusion (einem Stern) gezogen. Das zeige, schrieb LaRouche, daß „die grundlegendsten Gesetze der Astro- und Mikrophysik in Begriffen definiert sind, die die Newtonsche Physik als ,kräftefreie‘ Konfigurationen betrachten muß.“1

„Die Gesetze der Physik sind auf unserer Seite“

Die oben erwähnten bemerkenswerten Fortschritte zur Realisierung der Kernfusion bei TAE Technologies gehen auf die Arbeiten des 2015 verstorbenen Dr. Norman Rostoker zurück, einem der besten Fusionswissenschaftler der ersten Generation, dem wir wichtige Erkenntnisse zur Erzeugung eines selbsterhaltenden Plasmas verdanken. Rostoker entwickelte die sogenannte „feldumgekehrte Konfiguration“, einen langen Zylinder, in dessen Mitte mehrere hochenergetische Teilchenbeschleunigerstrahlen aus Plasma kollidieren – ein ganz anderer Aufbau als die donutförmigen oder kugelförmigen Tokamak-Konstruktionen, die in der Öffentlichkeit das Bild der Fusionsenergieforschung prägen. Bei TAE heißt die neueste Version ihres experimentellen Fusionsdesigns „Norman“, nach dem Vornamen von Rostoker, und nicht überraschend wird dabei ein stabiler, rotierender Toroid aus superheißem Plasma erzeugt, “ähnlich einem Rauchring“. Nach Kollision der Strahlen wird der resultierende Plasmaball durch Teilchenstrahlen, die an seinen Seiten entlang geschossen werden, in Rotation versetzt – ähnlich wie der schnelle Luftstrom unter Flugzeugflügeln die Luftturbulenzen um die Flügel selbst stabilisiert.

Dr. Rostoker war mit der Arbeit von Dr. Winston Bostick vom Stevens Institute of Technology vertraut, einem anderen Wissenschaftler der ursprünglichen Fusionsgeneration (und Mitbegründer der Fusion Energy Foundation), der dieses stabile Plasmoid in einem viel kleineren Maßstab entdeckte und es „Plasmawirbel“ nannte.

Dr. Winston Bostick auf der Krafft Ehricke Memorial Conference 1985 in Reston, Virginia. Quelle: EIRNS/Stuart Lewis

In einer Mitteilung von TAE Technologies vom 8. April 2021 heißt es, daß mit „Norman“ Hunderte Male ein Plasma erzeugt worden sei, das selbst bei Temperaturen über 50 Millionen Grad Celsius unbegrenzt stabil ist. Die Stabilität bedeutet, daß ein großer Teil der hochenergetischen Ionen genug Zeit hat, sich in der richtigen Art von Kollisionen zu treffen, um zu fusionieren und Energie freizusetzen. In einem anderen Ansatz besteht der hocherhitzte und ionisierte Brennstoff aus einer Mischung von Wasserstoff und Bor, und die Fusionsprodukte enthalten (außer Energie) keine Neutronen, sondern nur geladene Protonen und Elektronen. Einige der frühen Fusionsforscher bezeichneten dieses sehr nützliche Ergebnis als „polarisierte Fusion“.

TAE-Chef Binderbauer wird in der Mitteilung zitiert:

Norman und ich haben in den 1990er Jahren eine Arbeit geschrieben, in der wir theoretisierten, daß ein bestimmtes von hochenergetischen Teilchen dominiertes Plasma mit steigender Temperatur immer besser eingeschlossen und stabiler werden sollte. Wir konnten dieses Verhalten des Plasmas nun mit überwältigenden Belegen nachweisen. Es ist eine starke Bestätigung unserer Arbeit der letzten drei Jahrzehnte und ein sehr wichtiger Meilenstein für TAE, der beweist, daß die Gesetze der Physik auf unserer Seite sind.

Das selbststabilisierende Plasma von TAE bedeutet, daß es lange genug kompakt eingeschlossen ist, um mehr Energie zu erzeugen, als die Fusionsanlage verbraucht. Und die kühne Wahl des Brennstoffs geht mit einer Temperatur einher, die heiß genug ist, um Nettoenergie zu produzieren. Die Plasma-Ionen müssen auf das Äquivalent von mehreren Milliarden Grad Celsius erhitzt bzw. energetisiert werden. Das Unternehmen hofft, daß die nächste Generation von „Norman“, genannt „Kopernikus“, das erreichen kann und zum Prototypen eines kommerziellen Fusionsreaktors in diesem Jahrzehnt führen wird.

Astrophysik und Mikrophysik

Um das Artemis-Programm, das der ehemalige US-Präsident Trump in Gang setzte, um erneut Astronauten zum Mond und später zum Mars zu bringen, erfolgreich zu machen, ist eine erhebliche Steigerung der Antriebskraft von Raumschiffen erforderlich, um die Flugdauer zu verkürzen, insbesondere bei Reisen zum Mars. Mit der derzeitigen Technologie würde diese Reise neun Monate dauern. Mit einem Antrieb auf Fusionsenergiebasis ließe sich die Zeit auf 3–4 Monate oder weniger verkürzen. Dadurch verringerte sich die Strahlenbelastung der Astronauten während des Fluges, und auch die Zeit für einen Rettungseinsatz im Falle eines Notfalls auf dem Mars verkürzte sich deutlich.

Ein Spinoff dieser Technologie in Form von Fusionsreaktoren auf der Erde würde die Energieerzeugung revolutionieren, da der Rohstoff für die Fusion 1 % des Wasserstoffs im Meerwasser ist, so daß im Vergleich zu anderen Brennstoffen nur minimale Extraktionskosten anfallen, kein Abfall entsteht, und die niedrigen Energiekosten bedeuteten einen starken Wachstumsschub für praktisch die gesamte Weltwirtschaft. Die politische Nutzung knapper Ressourcen wie Öl würde entfallen. Es ständen riesige Mengen an billiger Energie zur Verfügung, die zur Entsalzung von Meerwasser genutzt werden könnte, um Wüsten in Afrika und anderen Kontinenten zu begrünen. Dies wäre der größte Spinoff eines Raumfahrtprogramms seit den 1960er Jahren, größer als die Entwicklung des Mikrochips, um einen Computer in einer engen Rakete unterzubringen, oder der Einsatz von Computern in der industriellen Automatisierung.

Diese Forschungsrichtung würde auch unser Verständnis einiger grundlegender Prozesse verbessern, mit denen die Entwicklung des Universums vorangetrieben wird: die Selbstentwicklung und Selbststabilisierung von Strukturen in Plasmen, die unter bestimmten Umständen spontan entstehen. Diese spontane Selbstentwicklung scheint für die Entwicklung von Sternen und Galaxien von zentraler Bedeutung zu sein, und sie ist ein klarer Beweis dafür, daß das Universum nicht einem Entropietod entgegengeht, sondern sich in die entgegengesetzte Richtung zu höheren Ebenen der Organisation und des Entwicklungspotentials bewegt. Wir kennen diese anti-entropische Entwicklung unserer eigenen Spezies sehr genau, und die Geschichte der Menschheitsentwicklung zeigt die gleiche Fortschrittstendenz, zum Beispiel in der Wissenschaft und den Künsten.

Der Direct Fusion Drive (DFD) ist ein in Princeton entwickelter Entwurf für eine Rakete mit Fusions- oder Plasma-Antrieb für längere Reisen im Weltraum. Michael Paluszek, Chef von Princeton Satellite Systems, stellte das Konzept in einem Vortrag auf einer internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 5. September 2020 mit dem Titel „Missionen zum Mars auf der Grundlage der Kernfusion“ vor. Frühere Versuche, Fusionsreaktoren zur Energieerzeugung zu bauen, waren aufgrund inhärenter Instabilitäten im ionisierten Plasma nicht erfolgreich. In den folgenden Jahrzehnten konzentrierte sich die Forschung schließlich auf Plasmen, die sich durch ihre Eigenbewegungen und durch selbst erzeugte Magnetfelder selbst eindämmen. Es wurde gezeigt, daß mehrere dieser Strukturen, wie z. B. Wirbelfilamente und geschlossene Filamente in Form von Ringen, ihre selbsteindämmenden Eigenschaften beibehalten, wenn sie mit externen Magnetfeldern zu kleineren Volumina komprimiert werden.

Das Hauptproblem dabei ist die Instabilität, die bei steigenden Dichten und Temperaturen auftritt. Die DFD-Raketentriebwerksmaschine von Princeton benötigt eine Temperatur von 1,2 Milliarden Grad Celsius. Bislang wurde mit der Maschine Stabilität bei bis zu 500 Millionen Grad Celsius erreicht.

Raumfahrt für irdische Energie

Der Direct Fusion Drive von Princeton ist im Design und in der Plasmageometrie wesentlich einfacher als viele seiner Vorgänger. Ein Raketentriebwerk erfordert Zuverlässigkeit und Stabilität, selbst bei plötzlichen Beschleunigungen – mehr als bei einem landgestützten Reaktor erforderlich wäre. Das endgültige Raketendesign von Princeton umfaßt sechs Triebwerke, um bei langen Reisen Redundanz zu gewährleisten.

Wie der „Norman“ von TAE Technologies hat der DFD eine feldumgekehrte Konfiguration; in der Tat ist sein Design ähnlich. Das Plasma ist in einem langen Zylinder eingeschlossen, der an den Enden schmal ist und sich in der Mitte aufwölbt (siehe Abbildung 2). Die Endabmessungen sind 30 Fuß (9,14 m) in der Länge und 6 Fuß (1,82 m) in der Breite. Der erste Schritt besteht darin, den Brennstoff in die Kammer zu pumpen. Der Brennstoff ist ein gasförmiges Gemisch aus Deuterium und Helium-3, ein Gas, das vor allem im Boden des Mondes vorkommt. Durch Induktion eines elektrischen Stroms im Plasma erzeugt eine elektromagnetische Spule in der Ausbuchtung des Zylinders ein weiteres Magnetfeld in entgegengesetzter Drehrichtung um das Plasma – daher „feldumgekehrt“.

Abbildung 2. Der Princeton Field Reverse Configuration Reaktor Nr. 2. Quelle: Wikimedia Commons/Cswancmu

Sobald sich diese Geometrie eingestellt hat, ist sie stabil gegenüber Störungen und effizienter als die meisten anderen Konstruktionen, weil sie ein für Fusionsreaktorverhältnisse relativ niedriges Magnetfeld benötigt.

Bei ausreichender Temperatur kommt es zur Fusion, und Energie wird erzeugt. Diese Energie erzeugt Schub, indem Gas aus dem Ende der Kammer entweicht. Das verwendete Modell sagt voraus, daß der Schub 35 % der erzeugten Energie verbraucht. Einige der hochenergetischen Teilchen werden in den Zylinder zurückgeführt, um direkt Strom für das Raumfahrzeug zu erzeugen, was 30 % der Energie verbraucht.

Eine verwandte Idee, bei der „Plasmoide“ – nicht nur superheiße ionisierte subatomare Teilchen – aus dem Auspuff einer Rakete ausgestoßen werden, wird am Princeton Plasma Physics Laboratory (PPPL) von Dr. Fatima Ebrahimi verfolgt. Diese magnetischen Plasmablasen bilden sich, wenn Magnetfeldlinien abbrechen und sich dann wieder um ein Plasma verbinden, was im Princeton Spherical Torus Experiment stattfindet, einer eher kugelförmigen Form des bekannten Donut-Tokamak-Designs. Ebrahimi wurde in einer Pressemitteilung des PPPL vom 27. Januar zitiert: „Diese Idee knüpft an frühere Fusionsarbeiten an, und es ist das erste Mal, daß Plasmoide und [magnetische] Rekonnektion für einen Weltraumantrieb vorgeschlagen wurden.“ Sie basiert bisher nur auf Computersimulationen.

Wenn die feldumgekehrte Konfiguration von Princeton erfolgreich ist, kann die gleiche Konfiguration auch für Fusionsmaschinen auf der Erde verwendet werden. Es trifft sich gut, daß eine physikalische Geometrie, die auf einer spontan entstehenden Selbstentwicklung beruht, die Grundlage für einen qualitativen Sprung in der gesamten Weltwirtschaft sein könnte, um die Welt endlich von der Armut zu befreien. Dies ist ein schönes Beispiel dafür, wie die Selbstentwicklung des physikalischen Bereichs mit der Selbstentwicklung des biologischen Bereichs verbunden ist, die wiederum mit der Selbstentwicklung des schöpferischen Bereichs des Menschen verbunden ist.

Leistungsstärkere Magnete, kleinere Reaktoren

Es gibt auch technologische Fortschritte bei der Herstellung von leistungsfähigeren Tokamak-Magneten, die das superheiße Plasma mit größerer Leistung einschließen – allerdings nur in kompakteren Versuchsanlagen als dem riesigen Internationalen Thermonuklearen Experimentellen Reaktor (ITER), der von einem Konsortium vieler Länder in der Stadt Cadarache in Frankreich gebaut wird.

Commonwealth Fusion Systems (CFS), ein 2018 von MIT-Forschern gegründetes Unternehmen, verwendet supraleitende Drähte, mit denen Magnete umwickelt werden, in denen das über 100 Millionen Grad Celsius heiße Plasma aus Deuterium und Tritium enthalten ist. Zur Kühlung der Magnete dient nicht flüssiges Helium, sondern CFS benutzt neuere supraleitende Magnete mit „höherer Temperatur“ (–253 °C), die mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden, im Gegensatz zu den –269 °C, die in den supraleitenden Magneten von ITER benötigt werden. Dies ermöglicht eine höhere Magnetfeldstärke und ein kleineres Plasmavolumen. Etwa 200 Forscher arbeiten an der Versuchsanlage von CFS, die bis 2025 fertiggestellt werden soll. Laut CEO Robert Mumgaard soll sie 50mal kleiner sein als der ITER und etwa ein Fünftel so viel Energie erzeugen.

Eine britische Firma, Tokamak Energy Ltd., arbeitet an einem ähnlichen Gerät mit „Hochtemperatur“-Supraleitungsmagneten von enormer Stärke, die die Form des Buchstabens „D“ haben und kreisförmig um die geraden Rücken der „Ds“ angeordnet sind, um eine Sphäromak-Form zu erzeugen. Diese Magnete sind jedoch extrem teuer in der Herstellung, da Hunderte von gewickelten Schichten eines speziellen Bandes verwendet werden, das mit einer Verbindung eines Seltenerd-Elements mit Barium und Kupferoxid beschichtet ist.

Fusionsexperimente in ostasiatischen Ländern haben in den letzten zwei Jahren die größten Schlagzeilen gemacht.

Im Dezember 2020 ist in China der HL-2M-Tokamak hochgefahren worden und hat das erste Plasma erzeugt. Es ist Chinas größte Tokamak-Anlage, eine Aufrüstung seines Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST), und darauf ausgelegt, ein Plasma von über 150 Millionen Grad Celsius für einen Zeitraum von vielen Sekunden einzuschließen.

Bereits am 24. November 2020 erreichte der koreanische Superconducting Tokamak Advanced Research Reactor (KSTAR) eine Plasmatemperatur von über 100 Millionen Grad Celsius für mehr als 20 Sekunden. Die Anlage ist Teil des ITER-Projekts und hat das Ziel, bis 2025 eine Plasmatemperatur von über 100 Millionen Grad Celsius für mehr als 300 Sekunden zu erreichen (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3. Koreas Fusionsanlage Superconducting Tokamak Advanced Research (KSTAR), die Teil des ITER-Projekts ist. Quelle: ITER

In den USA hat die Regierung im Jahr 2021 etwa 250 Millionen US-Dollar für die Entwicklung der magnetischen Fusion ausgegeben – in erster Linie als US-Beitrag zum ITER-Experiment – und etwa doppelt so viel für Experimente zur extrem schnellen Komprimierung kleiner Plasmatargets mit superstarken Lasern, um so Fusionreaktionen zu erzeugen. Das ist immer noch sehr wenig – 10.000mal weniger als etwa der Verteidigungs-/Geheimdiensthaushalt im selben Jahr und als jährliche Investition immer noch weniger, als man vor 40 Jahren für nötig hielt, um ein kommerzielles Fusionskraftwerk zu erreichen. Damals wurde der Magnetic Fusion Engineering Act, eine Initiative der Fusion Energy Foundation und des Abgeordneten Mike McCormack aus Washington State, verabschiedet.

Viele der interessantesten Fusionsprogramme, auf die wir hier verwiesen haben, beruhen daher nicht auf staatlicher, sondern auf privater Finanzierung durch wohlhabende Einzelpersonen, Stiftungen und Unternehmen, die ihren Aufwand oft mit der Notwendigkeit der Reduzierung von CO2-Emissionen begründen müssen. Sollten alle vielversprechenden Fusionsprogramme umfassend finanziert werden, wie wir es fordern, könnte in den nächsten fünf Jahren der Breakeven bei der Fusion erreicht werden, um den Weg zu einer Fusionsökonomie auf der Erde und darüber hinaus zu eröffnen.


Der „Dense Plasma Focus“

Künstlerische Darstellung des „Dense Plasma Focus“. Quelle: lppfusion.com

LPPFusion in Middlesex, New Jersey, unter der Leitung von Dr. Eric Lerner, der mit der Arbeit der frühen Fusionspioniere bestens vertraut ist, verfolgt ebenfalls das Ziel, Fusionsenergie in selbststabilisierenden Plasmen oder Plasmoiden zu erzeugen. Der „Dense Plasma Focus“, wie LPPF sein Fusionsmaschinen-Design nennt, wurde lange Zeit als Fusionsenergie-Kandidat nicht ernst genommen. Aber mit geringsten Mitteln und in einer Reihe von Kooperationen mit mehreren Universitätsteams auf der ganzen Welt über 30 Jahre kann LPPF inzwischen einige echte Fortschritte bei der Entwicklung der sogenannten „Plasmakanone“ vorweisen. Diese wiederum geht auf frühe Entdeckungen von Dr. Winston Bostick und noch frühere Ideen von Nikolay Filipow vom russischen Kurtschatow-Institut zurück. In dieser Darstellung wird das Plasma durch ein Magnetfeld die Anode (das zentrale Rohr) hinaufgetrieben und dehnt sich „schirmartig“ zwischen der Anode und der Kathode (den acht umgebenden Stäben) aus, um dann sehr schnell als „winziger Lichtblitz“ auf der Anodenspitze zu kollabieren und dabei eine außerordentliche hohe Temperatur zu erreichen. Lerners Team erreichte eine Plasmatemperatur von mehr als 1 Milliarde Grad Celsius, den Bereich, der für die „aneutronische“ Fusion mit Wasserstoff und Bor als Brennstoff erforderlich ist; diese Temperatur wurde in den letzten zehn Jahren wiederholt für sehr kurze Zeiträume erreicht. LPPF plant, noch in diesem Jahr das Plasmafokusgerät mit dem „Protonen-Bor“-Treibstoff zu testen, was TAE Technologies ein paar Jahre später anstrebt. LPPF hofft, bereits im Jahr 2022 eine Nettoenergie zu erreichen, also mehr Energie aus den Fusionsreaktionen im Gerät zu gewinnen als zur Erzeugung des Plasmas aufgewendet werden muß.

Fußnote(n)

  1. Wells‘ Ergebnisse erschienen in FUSION, Jg. 9, Nr. 4, 1988 unter dem Titel „Wie das Sonnensystem entstand“.[]