Die jahrzehntelangen Anstrengungen der Autoren des Wassergroßprojekts Transaqua und des Schiller-Instituts werden endlich von Erfolg gekrönt: Am 13. Dezember 2016 schlossen der chinesische Energiekonzern PowerChina, die internationale Kommission für das Tschadseebecken (LCBC) und die nigerianischen Behörden einen Vorvertrag für ein Projekt zur Umleitung von Wasser aus dem Kongobecken in den Tschadsee. Das Vorhaben entspricht den Vorgaben des in Italien entworfenen Transaqua-Projekts für einen neuen Wasserweg vom Kongobecken zum Tschadseebecken, um den Tschadsee wieder aufzufüllen und gleichzeitig eine moderne Verkehrs-, Energie- und Agrarinfrastruktur für Zentralafrika zu schaffen.
Wie es in einer Presseerklärung der LCBC heißt, umfaßt das Abkommen eine Machbarkeitsstudie für die ersten Phasen des Transaqua-Kanals. PowerChina wird die Grundlagen für „ein afrikanisches Infrastrukturprojekt durch die Einrichtung eines neuen Entwicklungskorridors zur Vernetzung von West- und Zentralafrika“ untersuchen. Im einzelnen werden vier Elemente geprüft werden:
„1. Potentielle Leitung von 50 Mrd. m3 Wasser jährlich in den Tschadsee über eine Reihe von Dämmen in der Demokratischen Republik Kongo, der Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik. 2. Potential zur Erzeugung von bis zu 15–25 Mrd. kWh Strom aus Wasserkraft durch Massenbewegung des Wassers mittels der Schwerkraft. 3. Potential zur Entwicklung einer Reihe von Bewässerungszonen für Nutzpflanzen oder Viehzucht über ein Areal von 50.000–70.000 km2 in der Sahelzone in Tschad, Nordost-Nigeria, Nord-Kamerun und Niger. 4. Schaffung einer erweiterten Wirtschaftszone durch Bereitstellung einer neuen Infrastrukturplattform für die Entwicklung von Landwirtschaft, Industrie, Verkehr und Stromerzeugung, die bis zu zwölf afrikanische Nationen erreicht.“ Weiter heißt es in der Erklärung: „Die Grundidee ist die Steigerung der Wassermenge im Tschadsee, Verbesserung der Wasserfließbedingungen, Linderung der Armut im Becken durch soziale und wirtschaftliche Aktivität, Deckung des Energiebedarfs von Städten in den beiden kongolesischen Republiken und Durchführung einer gründlichen Umweltverträglichkeitsstudie.“
Vor dem Abschluß des Vertrags hatte ein Expertenteam des italienischen Konstruktionsbüros Bonifica unter Leitung der Ingenieure Marcello Vichi und Andrea Mangano für die LCBC einen ausführlichen Plan für den Bezugsrahmen und die Methodologie einer Machbarkeitsstudie erstellt. Vichi und Mangano waren die ursprünglichen Autoren des Transaqua-Plans vor mehr als 35 Jahren. Der Exekutivsekretär des LCBC, Abdullahi Sanusi Imran, hatte in einer Mitteilung an die italienischen Experten betont, das Transaqua-Konzept sei „für die Situation des Tschadsees besser angemessen als alle anderen alternativen Lösungen“. Vichi und Mangano hatten ihren Vorschlag u.a. auch am 23. März 2016 auf einem EIR-Seminar in Frankfurt/M. vorgestellt, an dem auch der LCBC-Vertreter Mohammed Bila teilnahm.
Starker chinesischer Partner
Mit PowerChina steigt nun ein außerordentlich starker Partner in die Kräftekombination für Transaqua ein, und man könnte sagen, die Neue Seidenstraße ist am Tschadsee angekommen. PowerChina ist der Staatskonzern, der den Drei-Schluchten-Damm, das größte Wasserkraftprojekt der Welt, gebaut hat.
Nigerianische Medien zitierten den Vizepräsidenten von PowerChina, Tian Hailua, sein Unternehmen werde „sowohl technische als auch finanzielle Unterstützung für die Verwirklichung des Wassertransfers in den See leisten“. Das Unternehmen sagte 1,8 Mio. Dollar Finanzierung für das Projekt zu, „um den Menschen im Becken sozial und wirtschaftlich ein sinnvolleres Leben zu ermöglichen“, wie es im Bericht der nigerianischen Regierung heißt. Die Leitung von Wasser in den See eröffne die Möglichkeit, „bewässerte Zonen für Nutzpflanzen und Viehzucht über ein Gebiet von 50.000 bis 70.000 km2 im Seebecken zu schaffen“. Nigerias Wasserminister Suleiman Adamu beschrieb das Vorhaben als „ein Generationenprojekt ”, dessen Verwirklichung wegen des gewaltigen erforderlichen Kapitals und der Komplexität des Projekts lange Zeit in Anspruch nehmen werde. Er rief alle Betroffenen auf, gemeinsam dazu beizutragen, daß das Projekt machbar wird, denn „das würde den Lebensunterhalt für mehr als 40 Mio. Menschen retten, die im Einzugsbereich des Sees leben“.
Die umzuleitende Wassermenge, die genannt wird, ist zwar nur die Hälfte des ursprünglichen Transaqua-Projekts zur Wiederauffüllung des Tschadsees, aber man geht davon aus, daß die Studie von PowerChina auch die Machbarkeit des Baus eines Systems von Dämmen und Wasserwegen prüft, das südlich in die Demokratische Republik Kongo verlängert werden kann, indem alle rechten Zuflüsse des Kongo einbezogen werden. Damit wird das Projekt nicht nur eine bedeutende Wasserumleitung sein, sondern auch einen wichtigen Transportweg schaffen, der alle Länder Zentralafrikas miteinander verbindet.
Marcello Vichi, der geistige Vater von Transaqua, erklärte dazu: „Um vollständig zu sein, sollte die Machbarkeitsstudie von Anfang an die gesamte Länge des Wassertransferprojekts prüfen, auch wenn der Kanal offensichtlich notwendigerweise im Norden auf dem Gebiet der Zentralafrikanischen Republik beginnen sollte, um dies dann weiter nach Süden auszuweiten, soweit es die verfügbaren Geldmittel und die Wünsche der Nationen zulassen. Um so länger der Kanal ist, um so größer wird die Wassermenge sein, die sich in den See ergießt.“