Im Gegensatz zur Kernspaltung, bei der schwere Elemente wie Uran, Plutonium, Thorium usw. in leichtere zerfallen, werden bei der Kernfusion sehr leichte Elemente wie Wasserstoff- oder Heliumisotope miteinander verschmolzen. Wenn zwei Wasserstoffisotope fusionieren, entstehen Helium und ein freies Neutron (die zusammen weniger wiegen als die Summe der ursprünglichen Wasserstoffisotope); außerdem wird Energie freigesetzt – in Übereinstimmung mit Einsteins berühmter Entdeckung, daß kleine Massen proportional zum Quadrat der Lichtgeschwindigkeit in große Energiemengen umgewandelt werden können: E = mc2 .
Die Reaktionspartner der Kernfusion haben millionenfach höhere Energiedichten als Kohle, Öl oder Erdgas, was zur Folge hat, daß nur ein Bruchteil des Brennstoffs erforderlich ist, um vergleichbare Energiemengen zu erzeugen. Zum Beispiel läßt sich die gleiche Energiemenge erzeugen aus: 2 Mio. t Kohle (21.000 Güterwaggons), 1,3 Mio. t Erdöl (10 Mio. Faß), 30 t Uranoxid (ein Güterwaggon) oder 0,5 t des Wasserstoffisotops Deuterium (ein Kleinlaster).
Da der Fusionsbrennstoff Deuterium im Meerwasser enthalten ist, sind die Energievorräte für die Kernfusion nahezu unbeschränkt.
Fusion ist der Prozeß, der in der Sonne und den Sternen stattfindet, wo leichte Elemente bei hohen Geschwindigkeiten und hohen Dichten aufeinanderstoßen. In der Sonne und im Labor werden bei ultrahohen Temperaturen (50–200 Mio. Grad) die negativ geladenen Elektronen vom Kern abgesondert, so daß ein extrem heißer Materiezustand, genannt Plasma, entsteht, worin jeder Stoff auf atomarer Ebene beeinflußt werden kann. Um im Labor Atome miteinander zu verschmelzen, braucht man nicht nur extrem hohe Temperaturen, man muß auch die Reaktion so kontrollieren, daß sie über eine längere Zeit beständig abläuft.
Seit den 1950er Jahren haben Wissenschaftler verschiedene Wege beschritten, um Wasserstoffkerne zu erhitzen und unter Kontrolle zu halten und so die schwereren Wasserstoffisotope Deuterium (2H) und Tritium (3H) zu fusionieren. Es wurden viele Vorschläge für Fusionsmaschinen erprobt (Tokamaks, Stellaratoren, der ELMO Bumpy Torus, der Z-Pinch, um nur einige zu nennen). Die beiden hauptsächlichen Methoden zur Kontrolle des Fusionsplasmas sind der Magneteinschluß und die Trägheits- (Laser-)fusion. Beide stehen im Mittelpunkt heutiger Forschungsanstrengungen. Fortschritte in der Fusionsforschung lassen sich anhand des sogenannten „Lawson-Kriteriums” ausdrücken – dem Produkt aus Plasmadichte, Einschlußzeit und Plasmatemperatur. Trotz chronischer Unterfinanzierung ist es der Fusionsforschung in den letzten Jahrzehnten gelungen, diesen Parameter um das 10.000fache zu steigern. Um den Durchbruch zu einem kommerziellen Fusionsreaktor zu schaffen, ist nur noch eine Steigerung um etwa das 10fache erforderlich.