Spin-off-Unternehmen wollen Laserfusion weiter verbessern
Mehrere private Fusionsenergieprojekte haben sich unmittelbar nach dem Durchbruch in der National Ignition Facility (NIF) in Kalifornien vom 5. Dezember daran gemacht, das erfolgreiche Laserfusionsexperiment fortzusetzen, bei dem ein Nettogewinn an Fusionsenergie erzielt wurde –, allerdings mit einer riesigen, 30 Jahre alten Laseranordnung in einer militärisch genutzten Anlage. Deswegen liegt es nahe, die erfolgreiche NIF-Versuchsanordnung durch neue Systeme weiter voranzutreiben. Die Zeitschrift Science berichtete am 15. Februar über mehrere solche Versuche.
Die NIF-Direktorin Tammy Ma wird in Science zwar mit den Worten zitiert, daß „wir nicht wissen, wie man [auf Grundlage der NIF-Anlage] ein Kraftwerk baut“, doch der frühere NIF-Direktor Dr. Edward Moses hofft, in fünf Jahren mit seinem Start-up-Unternehmen Longview Fusion mit dem Bau eines Testkraftwerks beginnen zu können. Dabei soll das NIF-Konzept der „Indirektzündung“ (wobei die Laser auf die Wände des Targets gerichtet sind, um Röntgenstrahlen um das Brennstoffpellet im Target zu erzeugen) verwendet werden, allerdings mit sehr viel effizienteren Lasern, die mehr Energie bei einer sehr viel höheren Wiederholungsrate liefern.
Ein weiteres Startup-Unternehmen, Focused Energy, mit Sitz in Texas und Deutschland, wird ebenfalls von NIF-Veteranen geleitet. Ihr Ansatz besteht darin, einen Laserpuls zur Komprimierung des Brennstoffs zu verwenden, wie bei der NIF, aber einen zweiten Laser, um einen Protonenstrahl auf dem Brennstoff zu erzeugen, sobald dieser die maximale Kompression erreicht, um ihn zu zünden. Ihr Ziel ist eine Demonstrationsanlage in den frühen 2030er Jahren.
Und ein drittes neues Unternehmen, First Light Fusion mit Sitz in der Nähe von Oxford, Großbritannien, versucht, den Brennstoff mit einem Hochgeschwindigkeitsprojektil anstelle eines Lasers zu implodieren, ähnlich dem Ansatz des kanadischen Unternehmens General Fusion (das allerdings in Science nicht erwähnt wird).
Was in diesen Berichten noch fehlt, sind Hinweise darauf, daß bei dem erfolgreichen NIF-Experiment ein starkes Magnetfeldes angelegt wurde, um die Kompression und die Brennstoffdichte bei der Zündung des Brennstoffs aufrechtzuerhalten.
Wendelstein 7-X erreicht neuen Rekord
Der Stellarator Wendelstein 7-X in Greifswald hat Mitte Februar 2023 einen neuen Meilenstein erreicht: Erstmals wurde in der Anlage ein Energieumsatz von 1,3 Gigajoule gemessen – eine Steigerung um das 17fache. Die Entladung hielt mehr als 8 Minuten an – auch das ist ein neuer Rekord für diesen Fusionsreaktor und einer der besten Werte überhaupt. „Wir tasten uns jetzt an immer höhere Energiewerte heran“, erklärt Thomas Klinger vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald. „Dabei müssen wir Schritt für Schritt vorangehen, um die Anlage nicht zu überlasten und zu beschädigen.“
Vor dem aktuellen Versuchslauf war der Reaktor drei Jahre lang umgebaut worden. Er erhielt eine Wasserkühlung der Wandelemente und ein erweitertes Heizsystem für die Aufheizung des Plasmas. Die erste Komponente der Heizung ist die Neutralteilcheninjektion, bei der ein Strahl beschleunigter Wasserstoffatome ins Plasma eingeschossen wird. Die zweite Heizung nutzt Radiowellen, um Ionen im Plasma zum Schwingen zu bringen und es so aufzuheizen – ähnlich wie bei einer Mikrowelle. Die dritte Komponente, die Mikrowellen-Elektronenheizung funktioniert ähnlich, nur werden hierbei Mikrowellen eingesetzt, die die Elektronen des Plasmas in Schwingungen versetzen.
Das nächste Ziel der Anlage sei es, innerhalb weniger Jahre den Energieumsatz auf 18 Gigajoule zu steigern, wobei das Plasma dann für eine halbe Stunde lang stabil gehalten werden soll.
Erste Messung von Fusionsreaktionen in neuer Brennstoffmischung
Ein weiteres Fusionsforschungsunternehmen hat einen bedeutenden Fortschritt vermeldet, und zwar mit einem Versuchsaufbau, der auf die Fusionspioniere Dr. Norman Rostoker, Dr. Winston Bostick und Daniel Wells, Mitarbeiter der Fusion Energy Foundation von Lyndon LaRouche, zurückgeht.
Das kalifornische Unternehmen TAE Technologies, das 1998 von Studenten Rostokers gegründet wurde, und das japanische National Institute for Fusion Science (NIFS) konnten erstmals Fusionsreaktionen in einem Brennstoffgemisch aus Bor (Ordnungszahl 11) und Wasserstoff messen, das als Protonen-Bor-Fusion bekannt ist und eine Plasmatemperatur von mindestens 500 bis 600 Millionen Grad Kelvin erfordert. Die Fusionsreaktion dieser Elemente ist völlig aneutronisch und erzeugt nur Alphateilchen (Doppelprotonen) und große Mengen an Energie. Die gemessenen Fusionen (die nicht annähernd den breakeven erreichten) fanden im NIFS Large Helical Device in Japan (einem Stellarator) statt. Der breakeven soll jedoch mit der nächsten Generation der TAE-Magnetkonfiguration mit umgekehrtem Feld erreicht werden. Laut einem von beiden Teams in Nature vom 28. Februar 2023 veröffentlichten Artikel soll dabei 100mal mehr Energie erzeugt werden.
Ein NIFS-Sprecher wird mit den Worten zitiert: „Diese Leistung ist ein großer erster Schritt in Richtung der Realisierung eines Fusionsreaktors mit fortschrittlichem Fusionsbrennstoff.“ Das Plasma wird hierbei durch Überhitzung von im Magnetfeld der Vorrichtung eingeschlossenen Borpulver gebildet, und Wasserstoff wird als Teilchenstrahl in das Plasma injiziert.
China will die Führung bei der Fusionsforschung übernehmen
Ein Artikel in der chinesischen Tageszeitung Science and Technology Daily vom 28. November vermittelt einen Eindruck davon, wie weit das Fusionsprogramm in China fortgeschritten ist und wie sehr das Land auf neue Durchbrüche hinarbeitet. Im Mittelpunkt des Artikels steht die neue Comprehensive Research Facility for Fusion Technology (CRAFT), die im Dezember 2018 in Betrieb genommen wurde und bis 2024 an der Hefei University of Science and Technology fertiggestellt werden soll, wo sich auch der Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST)-Reaktor befindet. Die Anlage besteht aus 14 Gebäuden und erstreckt sich über eine Fläche von 400.000 Quadratmeter. Das Wissenschaftsteam für thermonukleare Fusion am Institut für Plasmaforschung in Hefei beschäftigt sich mit Materialforschung, Supraleitern, supraleitenden Magneten, Vakuumkammern für Fusionsreaktoren, Divertorkomponenten und der Wechselwirkung zwischen Plasma und Materialien.
CRAFT ist kein eigener Fusionsreaktor, sondern soll alle Technologien für die nächste Stufe der Fusionsforschung nach dem Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor (ITER) in Frankreich entwickeln, nämlich den Chinesischen Fusionsversuchsreaktor.